30 Jahre Mauerfall

Bintje

Well-Known Member
Keine Frage. Aber die ehemaligen Nazis durften Politiker, Lehrer, Manager sein, damals. Heute gibt es vor der Einstellung Untersuchungen ob jemand bei der Stasi war und die bekommen dann den Posten nicht. Das ist schon ein Unterschied.

Na ja, ganz so ist es nicht. Routinemäßig überprüft werden kann erst im gehobenem und höheren Dienst (wohlgemerkt: "kann" - was nach meiner Lesart nicht zwingend bedeuten muss, dass das immer gemacht wird, zumal es Fragebögen gibt), bei begründeten Verdachtsfällen auch bei niedrigeren Besoldungsstufen.
Und so weiter und so fort, das lässt sich hier nachlesen.
Das bezieht sich hauptsächlich auf Leute in öffentlichen Ämtern und leitenden Funktionen.
Eine Kassiererin im Supermarkt wird sicher ebenso wenig überprüft wie alle sonstigen Otto Normalverbraucher/innen. Wäre es grundsätzlich so, wie Du es skizzierst, dass das vor einer Einstellung routinemäßig gecheckt wird, hätte es eine Reihe von Fällen, in denen sich eine frühere Stasi-Tätigkeit erst nach langem zeitlichen Abstand herausstellte, gar nicht gegeben. Und dann fliegen die Leute auch nicht automatisch raus, entsprechende Urteile von Arbeitsgerichten gibt's etliche. ; )

Der Vergleich mit der Entnazifizierung hinkt für meine Begriffe auch insoweit, als dass das in den verschiedenen Besatzungszonen unterschiedlich gehandhabt wurde; die Alliierten hatten kein einheitliches Verfahren. Zum Beispiel gab es Massenverhaftungen, Internierungslager, aber nicht immer. Die Briten arbeiteten ihre Überprüfungen relativ kühl und zügig ab, die Amis ebenfalls, und da die Franzosen parallel damit zugange waren, das Vichy-Regime samt Folgen zu durchleuchten, dürften sie vor allem interessiert gewesen sein, vormalige Funktionsträger des NS-Staats herauszufischen und es ansonsten nicht ewig in die Länge zu ziehen.
Wie das in der SBZ und späteren DDR genau lief, kann ich nicht sagen, nur waren sie bzw. die Sowjets der offiziellen Ansicht, die NS-Verbrecher seien im Westen. Tja. Da dürfte auch so mancher durchgerutscht sein.
 

Alubehütet

Well-Known Member
Naja, aber wir wissen doch alle, daß @sommersonne im Prinzip Recht hat. Da gibt es viele Gründe für, auch ganz banale: Nach jedem Systemumsturz hast Du das Problem, woher Du jetzt die neuen Eliten rekrutierst. Und mußt meistens dann doch wieder auf die alten zurück greifen. In der DDR aber gab es auf einmal diese ganzen arbeitslosen Akademiker West. Vielleicht nicht unbedingt die Hellsten, aber garantiert unvorbelastet.
 

Bintje

Well-Known Member
Ich habe es halt erst mitgekriegt, als das Stasi-Gedöns am Wochenende hochgeploppt war, und wühle mich jetzt durch zum Anfang der Geschichte.

Zwischendrin hatte ich's fallen gelassen; Hauptstadtgeschichten halt, kenne die Berliner Zeitung nicht (außer daß es sie gibt), können die auch klären, ohne daß ich mir auch noch eine Meinung bilde. (...)
In diesem Falle ja, aber anders als Du denkst. @Bintje steckt da mehr drin und wird Dir die Links nachliefern, aber die Pointe bei dieser Geschichte ist die, daß gerade die Berliner Zeitung sich in den 90ern radikal von StaSi-Leuten gesäubert getrennt hat. Da war nichts mit Anhörung, Entschuldigung, Erklär dich mal. Gab es eine Hauptakte – Raus.

Ja, die haben sich mühsam vom Geruch des SED-Verlautbarungsorgans freigeschrieben und sich zu einer überregional beachteten Autorenzeitung gemausert. Wie das genau zum Beispiel mit Thomas L. ausgegangen ist, der in leitender Funktion die Seite 3 verantwortete, erinnere ich nicht mehr genau (könnte ich nachliefern), aber es gab mehrere Fälle in der Redaktion, die eindeutig bei der Stasi gewesen waren und bei der "Berliner Zeitung" nicht mehr beschäftigt wurden. Das gab's auch bei anderen Blättern - übrigens auch im Westen.
Und beim ehemals langjährigen Chefredakteur der Ostsee-Zeitung kam das erst raus, als einer der Redakteure ca. 2005 seine eigene Stasi-Akte einsah und feststellte, dass einer seiner Denunzianten eben auch jener Herr gewesen war. Von dem sich der Verlag dann ohne Federlesens getrennt hat.

Übrigens gibt's Neues von der Berliner Zeitung: die Redaktion will sich jetzt wieder ein Redaktionsstatut geben.

Die Reaktionen der “Berliner Zeitung” auf die jüngsten Vorfälle um Neuverleger Holger Friedrich kommen schnell. Kaum hat die Chefredaktion ein fünfköpfiges Reporterteam gebildet, um zusammen mit der früheren Leiterin der Stasi-Unterlagen-Behörde, Marianne Birthler, und dem Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk die Stasi-Vergangenheit ihres Mit-Eigentümers Holger Friedrich lückenlos zu dokumentieren (MEEDIA berichtete), gehen die Journalisten noch einen Schritt weiter: Sie planen, einen Redaktionsbeirat zu gründen und ein Redaktionsstatut einzuführen.

https://meedia.de/2019/11/21/nach-c...uWV-CH6iUh3dyCMCflQoGBstv1Y4MN_JgBkPWEBuvKehA

Richtig so, finde ich gut!
 

Bintje

Well-Known Member
Naja, aber wir wissen doch alle, daß @sommersonne im Prinzip Recht hat. Da gibt es viele Gründe für, auch ganz banale: Nach jedem Systemumsturz hast Du das Problem, woher Du jetzt die neuen Eliten rekrutierst. Und mußt meistens dann doch wieder auf die alten zurück greifen. In der DDR aber gab es auf einmal diese ganzen arbeitslosen Akademiker West. Vielleicht nicht unbedingt die Hellsten, aber garantiert unvorbelastet.

Das Problem ist altbekannt. Und trotzdem gab es nach der Wende weder Todesurteile noch Massenverhaftungen, geschweige denn die Ansage, dass Verwandte von ehemaligen Funktionsträgern ebenfalls nicht beschäftigt werden durften. Insofern fand ich @sommersonne s Vergleich mit der Entnazifizierung und der Betonung, dass es jetzt härter sei, sachlich unpassend.

Aber übrigens eines noch: wenn, wie es hier zum wiederholten Mal durchweht, nur geistig Arme, Ausbeuter und sonstige Deppen aus dem Westen in die ehemalige DDR geschickt wurden, gehöre ich auch dazu. Obwohl ich weder übermäßig scharf darauf noch arbeitslos war.
Obendrein habe ich dort weniger verdient als davor im Westen, musste als Wessi aber heillos überzogene Mieten an Leute abdrücken, die schwarz vermieteten und sich 'nen Ast gelacht haben. Supersache. :confused:

Warum ich's trotzdem gemacht hab? Alles roch nach Anfang, Aufbruch, noch vorsichtig, tastend. Keiner wusste, was werden würde. Und wie oft im Leben hat man die Gelegenheit, was Historisches mitzuerleben? Also: Hic Rhodos, hic salta, auch wenn's manchmal geknirscht hat.
Und nebenbei habe ich damals auch Freundschaften geschlossen, die es heute noch gibt. :)
 
Zuletzt bearbeitet:

sommersonne

Well-Known Member
Da Scholz mehrfach betonte, dass keine Fördergelder in die Tesla-Ansiedlung fließen, wird die Gemeinde wohl eine dem Unternehmen entsprechende Gewerbesteuer, Umsatzsteuer und was weiß ich nicht alles erheben. Der Umfang der Versteuerung ist gesetzlich geregelt, auch die jeweiligen Spielräume, wodurch sich Gemeinden auch Standortvorteile verschaffen können.
Das wäre nicht das einzige Unternehmen welches keine Steuern zahlt, Gesetz hin und her. Scheinbar heute kein Aufreger mehr.
 

sommersonne

Well-Known Member
Na ja, ganz so ist es nicht. Routinemäßig überprüft werden kann erst im gehobenem und höheren Dienst (wohlgemerkt: "kann" - was nach meiner Lesart nicht zwingend bedeuten muss, dass das immer gemacht wird, zumal es Fragebögen gibt), bei begründeten Verdachtsfällen auch bei niedrigeren Besoldungsstufen.
Und so weiter und so fort, das lässt sich hier nachlesen.
Das bezieht sich hauptsächlich auf Leute in öffentlichen Ämtern und leitenden Funktionen.
Eine Kassiererin im Supermarkt wird sicher ebenso wenig überprüft wie alle sonstigen Otto Normalverbraucher/innen. Wäre es grundsätzlich so, wie Du es skizzierst, dass das vor einer Einstellung routinemäßig gecheckt wird, hätte es eine Reihe von Fällen, in denen sich eine frühere Stasi-Tätigkeit erst nach langem zeitlichen Abstand herausstellte, gar nicht gegeben. Und dann fliegen die Leute auch nicht automatisch raus, entsprechende Urteile von Arbeitsgerichten gibt's etliche. ; )

Der Vergleich mit der Entnazifizierung hinkt für meine Begriffe auch insoweit, als dass das in den verschiedenen Besatzungszonen unterschiedlich gehandhabt wurde; die Alliierten hatten kein einheitliches Verfahren. Zum Beispiel gab es Massenverhaftungen, Internierungslager, aber nicht immer. Die Briten arbeiteten ihre Überprüfungen relativ kühl und zügig ab, die Amis ebenfalls, und da die Franzosen parallel damit zugange waren, das Vichy-Regime samt Folgen zu durchleuchten, dürften sie vor allem interessiert gewesen sein, vormalige Funktionsträger des NS-Staats herauszufischen und es ansonsten nicht ewig in die Länge zu ziehen.
Wie das in der SBZ und späteren DDR genau lief, kann ich nicht sagen, nur waren sie bzw. die Sowjets der offiziellen Ansicht, die NS-Verbrecher seien im Westen. Tja. Da dürfte auch so mancher durchgerutscht sein.
Sicher sind auch in der DDR einige Mazis durchgerutscht. Es gab den einen oder anderen späteren "Fund", erinnere mich an einen Eislauftrainer. Name leider vergessen. Ein überwiegender Teil wurde von den Russen angeholt und teilweise in den vorhandenen KZ's eingesperrt oder in die SU gebracht und in Lager gesperrt.

Übrigens dachte ich es wäre selbstverstämdlich das ich nicht meinte ein jeder sei vor Einstellung für einem Job auf frühere Stasi-Tätigkeit überprüft wurden.
 

sommersonne

Well-Known Member
Das Problem ist altbekannt. Und trotzdem gab es nach der Wende weder Todesurteile noch Massenverhaftungen, geschweige denn die Ansage, dass Verwandte von ehemaligen Funktionsträgern ebenfalls nicht beschäftigt werden durften. Insofern fand ich @sommersonne s Vergleich mit der Entnazifizierung und der Betonung, dass es jetzt härter sei, sachlich unpassend.

Aber übrigens eines noch: wenn, wie es hier zum wiederholten Mal durchweht, nur geistig Arme, Ausbeuter und sonstige Deppen aus dem Westen in die ehemalige DDR geschickt wurden, gehöre ich auch dazu. Obwohl ich weder übermäßig scharf darauf noch arbeitslos war.
Obendrein habe ich dort weniger verdient als davor im Westen, musste als Wessi aber heillos überzogene Mieten an Leute abdrücken, die schwarz vermieteten und sich 'nen Ast gelacht haben. Supersache. :confused:

Warum ich's trotzdem gemacht hab? Alles roch nach Anfang, Aufbruch, noch vorsichtig, tastend. Keiner wusste, was werden würde. Und wie oft im Leben hat man die Gelegenheit, was Historisches mitzuerleben? Also: Hic Rhodos, hic salta, auch wenn's manchmal geknirscht hat.
Und nebenbei habe ich damals auch Freundschaften geschlossen, die es heute noch gibt. :)
Könnte ich auch eine Geschichte dazu erzählen, kenne aber auch ein positives Beispiel aus meinem Freundeskreis.
Verallgemeinerungen sind immer falsch. Bekannt ist aber das die Menschen eher über das Negative berichten und so entstehen dann Gerüchte. Positives wird meistens schweigend hingenommen.
 

Berfin1980

Well-Known Member
Deutschland erhält bis 2020 19, 2 Milliarden Euro aus den Töpfen der EU um strukturschwache Regionen zu stärken.

Ich denke mal das Land Brandenburg ist bestimmt nicht so zurückgeblieben diese Gelder NICHT zu beantragen.

Daran beteiligt waren neben Brandenburg schon andere Bundesländer im Osten, dazu muss aber hinzugefügt werden das westliche Bundesländer mit strukturschwachen Regionen diese Gelder auch beantragen können.

Ach ja ....Link

Und noch was ob Nazi oder Stasi ist mir egal, da sie keinerlei Werte auf Grundrechte legen und die Menschen mit freiheitlichen Gedanken einfach wegsperren.

Was mich stört sind die Ostalgiker die dem System nachtrauern, genau wie der Nazi, der meint das hätte es bei 18 nicht gegeben.

Und warum vielen denn Höcke und Maier durch die Raster? Bei beiden ruht der Beamtenstatus nur da sie in Land- und Bundestag sitzen. Um mal zwei Beispiele zu nennen.
 
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