30 Jahre Mauerfall

sommersonne

Well-Known Member
Ganz ehrlich? Ich hab mich bei meinem Umzug von irrwitzig vielen Büchern getrennt, auch von Dutzenden der jüngeren und jüngsten Zeitgeschichte der DDR. Noch alle aus Ost-Verlagen. Und wenn ich lese, dass der Autor als Stellvertretender Vorsitzender der DDR-Plankommission noch 1989 die Ehrenspange zum Vaterländischen Verdienstorden in Gold bekam (ja, ja, ich weiß, Kati Witt hat die aufgrund ihrer Eistanzkünste auch bekommen), beschleicht mich der leise Verdacht, dass er nicht den neutralsten Blick auf die Verhältnisse hatte. Zumal das seine eigenen Verdienste ums Arbeiter- und Bauernparadies geschmälert hätte. ;)

Egal, nix gegen Buchtipps, ich leih es mir sicher mal aus, wenn's in der Bibliothek vorrätig sein sollte - aber solche Hintergründe darf man als sowieso-von-nix-wissender-Wessi auch wissen. Finde ich.
Du kannst es ja mit Skepsis lesen, habe ich auch getan. Es ist nicht meine Bibel, enthält aber Fakten die mit gutem Grund nicht gern an die Öffentlichkeit kommen.
 

EnRetard

Well-Known Member
Und wenn ich lese, dass der Autor als Stellvertretender Vorsitzender der DDR-Plankommission noch 1989 die Ehrenspange zum Vaterländischen Verdienstorden in Gold bekam (ja, ja, ich weiß, Kati Witt hat die aufgrund ihrer Eistanzkünste auch bekommen), beschleicht mich der leise Verdacht, dass er nicht den neutralsten Blick auf die Verhältnisse hatte. Zumal das seine eigenen Verdienste ums Arbeiter- und Bauernparadies geschmälert hätte. ;)
Das klingt jetzt doch sehr nach Wessi-Voreingenommenheit. Neutrale Blicke auf der Verhältnisse waren von niemandem zu erwarten, weder auf der einen noch auf der anderen Seite.
 

Bintje

Well-Known Member
Das klingt jetzt doch sehr nach Wessi-Voreingenommenheit. Neutrale Blicke auf der Verhältnisse waren von niemandem zu erwarten, weder auf der einen noch auf der anderen Seite.

Das ist richtig. Du wirst Dich wundern, ich habe es mitbedacht und absichtlich nicht erwähnt - weil Wessis hier eh alles Miese angetextet wird und ich nebenbei auch im Sinn hatte, dass Du Dich mal wieder blicken lässt und was bekrittelst. ^^ Tatsächlich hätte ich auch schreiben können, dass der Mann ausweislich seiner Vita ein astreiner Apparatschik war. Gewesen sein dürfte. Friede seiner Asche.
 

EnRetard

Well-Known Member
Das ist richtig. Du wirst Dich wundern, ich habe es mitbedacht und absichtlich nicht erwähnt - weil Wessis hier eh alles Miese angetextet wird und ich nebenbei auch im Sinn hatte, dass Du Dich mal wieder blicken lässt und was bekrittelst. ^^ Tatsächlich hätte ich auch schreiben können, dass der Mann ausweislich seiner Vita ein astreiner Apparatschik war. Gewesen sein dürfte. Friede seiner Asche.
Mag er gewesen sein, aber seine Sicht auf den "Wert" der DDR-Errungenschaften ist eine, ebenso wie die der Treuhand-Aasgeier, die nach dem Motto Wehe den Besiegten die Werte vernichtet und mit Einverständnis der selbstzufriedenen Sieger aus der Bonner Republik die Lebensleistung der DDR-Bürger entwertet haben und damit die Saat für den Aufstieg des trotzigen Rechtsextremismus in der Ex-DDR ausgebracht haben.
 

sommersonne

Well-Known Member
Das ist richtig. Du wirst Dich wundern, ich habe es mitbedacht und absichtlich nicht erwähnt - weil Wessis hier eh alles Miese angetextet wird und ich nebenbei auch im Sinn hatte, dass Du Dich mal wieder blicken lässt und was bekrittelst. ^^ Tatsächlich hätte ich auch schreiben können, dass der Mann ausweislich seiner Vita ein astreiner Apparatschik war. Gewesen sein dürfte. Friede seiner Asche.
Astreiner Mitläufer. schließt du daraus weil er eine Medaille bekommen hat. Habe auch die eime oder andere Medaille und bin doch ein ausgewiesenes "Opfer des Sozialismus". Die Medaillen und Orden wurden zur Aufmunterung mit der Schaufel verteilt und deshalb Schaufelorden von uns genannt.
Vielleicht solltest du dir lieber die Mühe das Buch zu lesen nicht machen. Denn ohne eine gewisse Unvoreingenommemheit wirst du daraus keinen Nutzen haben.
 

Bintje

Well-Known Member
Astreiner Mitläufer. schließt du daraus weil er eine Medaille bekommen hat. Habe auch die eime oder andere Medaille und bin doch ein ausgewiesenes "Opfer des Sozialismus". Die Medaillen und Orden wurden zur Aufmunterung mit der Schaufel verteilt und deshalb Schaufelorden von uns genannt.

Heilig's Blechle! ;) Nein, klar, Scherz beiseite, es gab m.W. doch noch immer 'nen Unterschied zwischen geradezu inflationär verliehenen Auszeichnungen für verdiente Werktätige und einem der höchsten Orden, die die DDR zu vergeben hatte. Aber das bringt mich gerade zu einer ganz anderen Frage - eine grundsätzliche Überlegung, die überhaupt nichts mit Dir zu tun hat, um das sicherheitshalber vorauszuschicken. Aber kann/könnte es sein, dass das in Ostdeutschland verbreitete Gefühl einer kollektiven "Entwertung" teils nicht nur mit niedrigeren Löhnen, Renten, Treuhand, Abwanderung, gebrochenen Berufsbiografien und uneingestandenen Lebenslügen, sondern auch damit zu tun hat, dass das vereinte Deutschland einfach nur ganz nüchtern und unromantisch funktioniert?
Einen Medaillensegen für alles Mögliche und Unmögliche gibt's jedenfalls nicht. Und die aus der DDR zählen nicht mehr. Besondere Auszeichnungen gibt's zwar im Breitensport, und Unternehmen wie Mekkes küren auch regelmäßig "Mitarbeiter des Monats" (was teils schon satirisch interpretiert wird ^^ ) - aber dass unser Staat ganz normalen Bürgern Dank und Wertschätzung ausdrückt? Passiert erheblich seltener als in der Ex-DDR. Kann es sein, dass es Leute gibt, denen staatliche Streicheleinheiten in Gestalt persönlicher Auszeichnungen fehlen?

Zitat von sommersonne:
Vielleicht solltest du dir lieber die Mühe das Buch zu lesen nicht machen. Denn ohne eine gewisse Unvoreingenommemheit wirst du daraus keinen Nutzen haben.

Es ist viel einfacher: ich hab mal gelernt, dass man Quellen, egal welcher Couleur, kritisch hinterfragen soll und darf. Und wenn ich bemerke, dass jemand, dessen Buch Du oben wiederholt empfohlen hast wie das einer neutralen Kapazität, tatsächlich zutiefst in den Strukturen verankert war, wirft das ein Licht auf den Blickwinkel des Autors. Ich finde solche Hintergründe prinzipiell erhellend und wichtig fürs tiefere Verständnis einer Lektüre. Das ist alles.
 

eruvaer

Well-Known Member
Kann es sein, dass es Leute gibt, denen staatliche Streicheleinheiten in Gestalt persönlicher Auszeichnungen fehlen?
Könnte eine weitere denkbare Kompenente eines grossen Ganzen sein, kann ich mir auch vorstellen.

Wenn ich daran denke, wie mein Vater früher immer auf die Unterschrift auf meine Urkunden vom Sportfest gelinst hat und dann ganz stolz vorlas, was für eine wichtige politische Persönlichkeit sich doch da für meine Leistungen Zeit genommen hätte! Eine ECHTE Unterschrift! Nicht bloss ein Stempel! Toll!

Was merkt man denn in der BRD vom Staat?
Dass die Renten geringer, die Mehrwertsteuer immer höher, der Sprit teurer und der Geldbeutel kleiner wird, sonst nix.
 

Bintje

Well-Known Member
Könnte eine weitere denkbare Kompenente eines grossen Ganzen sein, kann ich mir auch vorstellen.

Wenn ich daran denke, wie mein Vater früher immer auf die Unterschrift auf meine Urkunden vom Sportfest gelinst hat und dann ganz stolz vorlas, was für eine wichtige politische Persönlichkeit sich doch da für meine Leistungen Zeit genommen hätte! Eine ECHTE Unterschrift! Nicht bloss ein Stempel! Toll!

Was merkt man denn in der BRD vom Staat?
Dass die Renten geringer, die Mehrwertsteuer immer höher, der Sprit teurer und der Geldbeutel kleiner wird, sonst nix.

Im vereinigten Deutschland merkste was vom Staat bei Steuererklärung und Rückzahlungen, zum Beispiel. Ansonsten - tja. Fällt mir noch einiges ein, von Schulpflicht über gelegentlich nötige Behördenbesuche bis hin zur StVO und Wahlen. Aber eine Medaille für hervorragende Kenntnisse der Straßenverkehrsordnung oder so ( :D ) und null Punkte in Flensburg bekommt man halt nicht, ganz einfach. ; )
 

sommersonne

Well-Known Member
Ja, kann mir auch vorstellen und habe auch Gesichter dazu vor mir, die trotzdem sie wußten wie diese Orden und Medaillen zu werten waren, doch erfreut darüber waren. Das fehlt nun und es kommt ja noch dazu das viele Menschen sich über ihre Arbeit definieren bzw. sie auch ausgesprochen gern machen. Wer sie verliert und danach den Anschluß nicht mehr findet, der verliert den Boden unter den Füßen.

Eru hat auch recht, in der DDR hat der Staat sich gekümmert um seine Bürger (viel zu sehr und falsch). Trotzdem fehlt das so manchem jetzt.
 
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