Ja.
Also – Europa ist nicht Neuseeland und schon gar nicht China. Aber die hatten jetzt anderthalb Jahre kein Corona. Anderthalb. Jahre. Jetzt sind sie brutal vier Wochen eingesperrt, aber anschließend gehen die Kinder unbeschwert in die Schule, niemand sorgt sich, Großeltern anzustecken, Jugendliche gehen wieder in die Disko, Erwachsene zur Arbeit. Und Du hast keine Minderheit, die sich mehr und mehr radikalisiert, in verschwörungsgläubige Sekten abdriftet, keine Spaltung der Gesellschaft, denn dafür sind vier Wochen zu kurz.
Der Preis ist zu hoch.
Auch ist es ja nicht so, dass solche Maßnahmen das Niederknüppeln anderer Meinungen verhindern. Das Niederknüppeln kommt noch dazu. Oder glaubst du, dass im riesengroßen Reich der Mitte mit seinen unzähligen Millionenstädten, erstens alle Infizierten erfasst werden, zweitens jeder Jugendliche und nicht ganz Konforme sich an die 24-Stunden Ausgangssperre hält (was machen z. B. die Süchtigen?) und drittens, dass die Erwischten mit einer Ordnungsstrafe davon kommen?
Überhaupt, seit wann ist das kommunistisch regierte Reich der Mitte eine Partymeile? Seit wann interessiert die Partei, ob die Jugend ausgiebig feiern kann?
Richtig ist, dass durch die Ein-Kind-Politik die Familie als Pflegestelle der Alten ausfällt, weshalb das chinesische Gesundheitssystem bei einer hohen Inzidenz im Vergleich etwa zu Europa vor größeren Herausforderungen stehen dürfte. Dieser Fall darf nach dem Willen der Partei auf keinen Fall eintreten, denn dann würde das gesamte gesellschaftliche und staatliche System nicht nur brüchig, sondern implodieren. D. h. die chinesischen Zwangsmaßnahmen entsprechen weder der wissenschaftlichen Rationalität (das Virus ist nicht mehr ausrottbar) noch der moralischen Verhältnismäßigkeit, sondern einzig dem Überleben einer verrotteten, prügelnden Diktatur.
Oder hast du das Massaker an den Studenten vor den Augen der Welt vergessen?