Erdoğan schlägt meines Erachtens mehrere Fliegen mit einer Klappe. Hochgradig geschickt.
Energisch darauf zu pochen, dass die 15 Mordbuben in der Türkei vor Gericht landen (wie es, glaube ich, auch internationales Strafrecht vorsieht), erweckt jedenfalls bei flüchtiger Draufsicht den Eindruck von Rechtsstaatlichkeit und geordnetem Verfahren. Dazu gehört selbstredend auch, dass Erdoğan keine Beweise präsentiert hat. Denn das würde die Illusion von einer unabhängigen Justiz wieder in ein fragwürdiges Licht tauchen und wäre m.E. vor einem Prozess, wenn überhaupt, Sache der Ermittlungsbehörden.
Die Schicksale der vielen in der Türkei eingekerkerten Journalisten dürften in der öffentlichen Wahrnehmung dagegen verblassen, zumindest nicht mehr so dringlich erscheinen. Der türkische Staat kümmert sich um das Verbrechen an einem Journalisten; also geht scheinbar alles seinen rechtsstaatlichen Gang.
Daneben sendet Erdoğan den mit ihm sympathisierenden Muslimbrüdern das Signal: auf die türkischen Behörden ist Verlass. Wir sühnen solche Schurkereien. Das Signal gilt praktischerweise auch für die westlichen Staaten.
Last not least kann er mit dem zurückhaltenden Ausspielen mutmaßlicher Asse im Ärmel den Druck auf den saudischen König beliebig erhöhen.
Der vermutlich genau wie der Kronprinz vom US-Finanzminister massiert wird.
Jetzt wüsste ich noch gern, welche Rolle die umstrittene CIA-Chefin Gina Haspel bei der ganzen Nummer spielt?
Gestern las ich, sie sei höchstpersönlich in die Türkei geflogen, um den Tatort zu untersuchen.