EnRetard
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Das Grundgesetz verbietet Minderheitsregierungen nicht. Es ist auch nicht so, als seien wir das Gefühl nicht gewohnt. Fast jede Bundesregierung hat nicht immer oder nie die Mehrheit des Bundesrats hinter sich. Das Feilschen kennen sie also und auch, dass Gesetzesvorhaben scheitern. Eine Minderheitsregierung stürzt nur, wenn eine andere Mehrheit einen anderen Kanzler wählt oder sie selbst eine Vertrauensabstimmung verliert und es dem Bundespräsidenten beliebt, den Bundestag aufzulösen. Gegen dauernde Regierungsstürze mit Neuwahlen wie in Israel oder Bulgarien gibt es also probate Mittel. Es ist deshalb für micht nicht einleuchtend, wieso Regierungen lieber mit Koalitionsparteien und Länderregierungen verhandeln also mit der Opposition im Bundestag. Passende oder unpassende Beispiele im Ausland heranzuziehen, führt auch nicht weiter. Jedes Land hat andere Gegebenheiten. Israel und Bulgarien chronisch polarisierte Partien, in Kanada ist die Aversion gegen formale Koalitionen größer als gegen Minderheitsregierungen, in Spanien könnte die Regierung wohl kaum eine Koalition mit der linken Regierungspartei ERC in Katalonien eingehen, aber sich von ihr gegen dinero/diners den Haushalt abnicken lassen ist eine andere Sache und so weiter und so fort. Die Deutschen müssen ihren eigenen Weg finden, ohne Vorurteile und ohne das ständige Erinnern an die Weimarer Republik.