Von direkt Betroffenen kann man das nicht erwarten, von Außenstehenden aber schon.
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Objektivität ist eine Illusion. Es ist schon schwer genug, nicht von einer Seite völlig vereinnahmt zu werden. Das fängt schon damit an, dass die Medienberichterstattung hierzulande fast immer einseitig parteiergreifend ist, im Sinne einer Kampagne. Der Ukraine-Krieg wird auch in Nachrichtenmeldungen "der russische Angriffskrieg" genannt. Putin ist häufig "der Machthaber", ebenso wie Assad. Illegitime Putschisten sind sie aber beide nicht.
Das T-Wort wird auf ausländische nichtstaatliche Kämpfer freigiebig angewendet, aber nicht konsequent nach bestimmten Kriterien. Die BBC benutzt es z.B. nicht außerhalb von Zitaten, weil es nicht neutral ist.
Wer sich also ein mehrseitiges statt eines einseitigen Bildes machen will, muss recherchieren. Für Menschen, die kein Russisch und Ukrainisch können, ist das im Fall des Ukraine-Krieges schwierig. Im aktuellen Nahostkrieg stehen wenigstens noch englischsprachige Quellen aus Israel und ein paar aus arabischen Länder zur Verfügung.
Hinzu kommt eine bestimmte Grundvoreingenommenheit. Die Älteren haben noch die Sowjetunion im Hinterkopf, deren Rechtsnachfolger Russland ist. Weit verbreitet ist ein Grundmisstrauen gegen die USA, eines gegen Israel, eins gegen Araber allgemein und gegen Palästinenser - München 1972, Landshut, Entebbe, Hamas-Verbrechen - im Besonderen. Solche Dinge schleppen wir mit uns herum. Ich denke nicht, dass wir uns davon und von einseitiger, auch emotionslisierter Berichterstattung komplett freimachen können.
Ich denke, das einzige, was man tun kann, ist nicht zu vergessen, dass überall Menschen leben und dieselben Grundrechte haben, und dass sie alle gleich viel wert sind.
"Objektivität" ist nicht zu erreichen. Nur eine Sicht auf die Ziele aller Parteien.