Entschleunigung von heute auf morgen

Zerd

Well-Known Member
Ich finde, die meisten Einwände hier entspringen zu sehr dem Zeitgeist, der ohnehin aus mehreren Gründen gar nicht nachhaltig und zukunftsfähig ist.

Erze und Sande mögen für unsere unersättliche Konsumgesellschaft gerade ein Problem darstellen, sind aber kein grundsätzliches, da sie prinzipiell wiederverwertbar sind und so zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft taugen. Fossile Rohstoffe sind ein grundsätzliches Problem, da diese Jahrmillionen brauchen sich zu bilden, den Kohlenstoff im Boden binden, der ansonsten und bei Nutzung als klimaschädliches CO2 in der Atmosphäre landet, oder in großen Teilen zu nicht racyclebarem Plastik verarbeitet wird, der wiederum nachhaltig in den Meeren landet, die Fische vergiftet und so auch in die Nahrungskette gelangt.

Das müsste eigentlich sofort eingestellt werden; fossile Brennstoffe dürften eigentlich nur noch dort genutzt werden, wo sie medizinisch oder wissenschaftlich noch unverzichtbar sind, und in Alltag oder Konsum völlig vermieden oder ersetzt werden. Daran führt kein derzeit denkbarer Weg vorbei.

Die Wasserproblematik ist ganz eng verknüpft mit der Energieproblematik. Da wird gerade an der kalten Fusion gearbeitet und es könnte tatsächlich sein, dass sie innerhalb von ein zwei Generation nutzbar gemacht wird. Wenn dieses Problem gelöst ist, dann würden wir auf einem Planeten, der zu drei Viertel von Wasser bedeckt ist, auf absehbare Zeit keine Energie oder Wasserprobleme mehr habe. Immer gesetzt dem Fall, wir lösen das Verteilungsproblem.

Und was das Bevölkerungswachstum angeht, kann auch dieses direkt an das Verteilungsproblem und die damit verbundene gesellschaftliche Entwicklung gekoppelt betrachtet werden. Wir erleben es doch in Europa oder auch Japan, wie sich eine auch nur einigermaßen gleichmässige Verteilung von Bildung und Wohlstand und die damit verbundene Modernisierung der Lebensweise auf die Geburten auswirkt. Sobald wir nicht mehr davon profitieren müssen, dass zwei Drittel bis drei Viertel der Bevölkerung in Armut und Unbildung mit starren Geschlechterrollen verharrt, diese Leute Kinder nicht mehr als Altervorsorge ansehen oder in Verhältnissen leben, wo sie entweder aus Tradition oder sonstogen Gründen befürchten müssen, dass die meisten ihrer Kinder ohnehin dem Hunger, einer Krankheit oder irgendwelchen Kriegen oder Unterdrückung zum Opfer fallen, und sich stattdessen ihr Leben auf ähnliche Weise entwickelt wie in anderen Ländern, in denen sich Bildung und eine moderne Lebensweise verbreitet hat, gibt es keinen Grund anzunehmen, warum sich bei denen dann nicht auch das Bevölkerungswachstum ähnlich entwickeln sollte.

Ich meine, das alles ist doch schon bekannt, es ist Allgemeinwissen, ebenso wie der Umstand, dass der einzige Grund, wieso es bis heute noch nicht umgesetzt wurde, der ist, dass eine kleine Minderheit in unvorstellbar großem Masse davon profitiert. Wird dieser Vorteil eingedampft auf ein gesundes vernünftiges Mass (mit der Beantwortung von Fragen etwa wie: wie viel mehr kann der fähigste Mansch dieser Erde leisten gegenüber dem unfähigsten aber gesunden?), sodass jeder einzelne eher von der Kooperation als der Konfrontation mit dem anderen profitiert, würde sich meines Erachtens vieles von selbst regeln, was heute noch unlösbar erscheint.

In diesem Zusammenhang halte ich zBsp die aktuellen Rücktritte der linken Vorsitzenden (für meinen Geschmack immer noch etwas spät, aber) als einen Schritt in die richtige Richtung. Führungspositionen, die mit einer Machtausübung einhergehen, sollten immer recht kurz befristet sein, überigens auch ein demokratisches Grundprinzip, das immer mehr unterwandert wird. Jeder soll sich bitte für etwas besonderes und einzigartiges halten, aber bitte keiner für unersetzlich in gesellschaftlichem Maßstab. Es ist in diesem Zusammenhang völlig unsinnig, dass irgendwelche Erfindungen und Innovationen "geschützt" werden, vor allem, wenn man bedenkt, wieviel Vorarbeit dazu etliche andere geleistet haben, begonnen bei den Zuarbeitern, ihren Ausbildern, Generationen von Grundlagenforschern usw. usf. Auch eine Folge dieser unermesslichen Profite, die damit verknüpft sind. Stellt euch dagegen vor, jede Bildung und Ausbildung, jedes Wissen und jede neue Erkenntnis stünde umgehend jedem talentierten Menschen dieser Erde zur Verfügung, die Menschheit würde in einer jetzt noch gar nicht absehbaren Weise davon profitieren. Wissen wir doch auch schon von allen technologisch führenden Nationen, wie sehr ein für jeden zugängliches gutes Bildungssystem den Fortschritt beflügelt.

Wie gesagt: alles bekannt! Andererseits weiss ich natürlich auch, dass Rauchen ungesund ist und tue es trotzdem unvermindert seit über 40 Jahren, und das, obwohl ich inzwischen hin und wieder sogar vom Pfeifen in meiner Lunge aus dem Schlaf erwache. Für die Menschehit gilt beim Verteilungsproblem wohl dasselbe wie für mich beim Rauchen: wenn wir soweit sind, werden wir es besser machen!...
 

Mendelssohn

Well-Known Member
Aber selbstverständlich. Genauso wie das Abholzen der Wälder im Nahen Osten für die Schmelzfeuer. Damit begann die stetige Weiterentwicklung des Menschen und seines Lebensstils. Es reichte ihm nicht mehr ein einfaches Leben zu führen. Durch Seßhaftigkeit und Ackerbau benötigte er viele Gefäße, Gerätschaften usw., die immer weiter entwickelt wurden. Durch eine massenhafte Herstellung wurde die Natur beeinträchtigt. Das Gleichgewicht des Planeten war noch nicht bedroht, aber es war der Anfang davon.
Aber bei alldem hat der Mensch noch lange nicht das Ökosystem des Planeten bedroht. Das war ihm angesichts der geringen Population auch gar nicht möglich. Zur Zeit der Römer lebten weniger als 200 Millionen Menschen auf dem ganzen Globus. Erst durch die Industrielle Revolution schnellte die Weltbevölkerung auf eine Milliarde hoch. Seit ungefähr 1960 (3 Milliarden) ist das Ökosystem des Planeten bedroht. Man kann natürlich sagen, dass die Wurzel der kapitalistischen Ausbeutung der Natur in der Steinzeit liegt, zugleich wissen wir aber, z. B. von indigenen Völkern, dass sie sehr behutsam mit den natürlichen Ressourcen umgehen, trotz Werkzeugen und einer die Tiere übertreffenden Intelligenz. Nicht die Steinzeit ist die Wurzel des Übels, sondern die Erfindung des Privateigentums. Ohne diesen Zeitensprung wäre uns mehr Zeit auf diesem Planeten geblieben - wie @Bintje es kurz auf den Punkt gebracht hat. Das Privateigentum, isbesondere seine Umwandlung in spekulatives Kapital, ist ein Beschleunigungsfaktor in Sachen Naturausbeutung.
 

Mendelssohn

Well-Known Member
Eine andere Verteilung (ich spreche gar nicht von einer gerechteren, das ist nicht meine Intention gewesen) kann die angesprochenen Probleme vielleicht nicht auf Anhieb lösen, hätte aber die Entstehung der meisten dieser Probleme verhindern können, da die Motivation, ohne jegliche Rücksicht auf sonstige Effekte den Profit und das Wachstum anzustreben, einfach gemindert wäre.
Daher sagt Rousseau, dass der erste, der einen Zaun um ein Stück Land zog, und sagte, dies ist mein, der Begründer der bürgerlichen Klassengesellschaft und der dazugehörigen kapitalischen Naturausbeutung gewesen sei. Damit endete die Substiszenzwirtschaft, und es begann eine nicht mehr am existentiellen Bedarf und am Arbeitseinsatz orientierte Verteilung der Güter.
 

Mendelssohn

Well-Known Member
Die Hirtennomaden und späteren Reiterkrieger der Eurasischen Steppe waren mit ihrem Privateigentum nie ein ökologisches Problem.
Zunächst suche dir erst mal eine ordentliche Defintion von Privateigentum. Dann reden wir weiter. Noch in der Antike gibt es kein Privateigentum. Alles gehört dem Clan und erweitert dem Staat. Das jeweilige Familienoberhaupt ist nur der Verwalter des Besitzes (Platon: Nomoi).
 

Alubehütet

Well-Known Member
war der Despotos, der Hausvater. Zum Schimpfwort wird das Wort erst, wenn ein Despot ein Gemeinwesen behandelt, als wäre es sein Familienbesitz, samt Vetternwirtschaft und allem. Frauen, Kinder, Sklaven, Haus und Hof und Tiere waren Sacheigentum des Despotos. Ihm reinzureden, wenn er Frau oder Kinder durchprügelt, wäre niemandem in den Sinn gekommen, das war Privatsache.
 

Mendelssohn

Well-Known Member
Damit kann ich nichts anfangen.
Vielleicht kannst Du mal zusammenfassen-
Malthus These war, dass die Senkung der Geburtenrate (Triebverzicht) - er war wie Darwin auch Theologe - die Armut beheben würde (weniger Münder, die zu stopfen sind), während Marx Armut als Resultat eines unbarmherzigen Verteilungskampfes verstand, also nicht als ein natürliches, sondern als ein künstliches Problem, das deshalb auch nur wissenschaftlich (Denkkunst) und nicht durch natürliche Maßnahmen zu lösen sei. Die natürliche Lösung, dass ein Ehepaar mit einem Kind dann vier Großeltern im Alter zu betreuen hat, gefährdet neben den vier Alten, auch das eine Kind und die Arbeitskraft des Ehepaars, und die Ökonomie geht den Bach runter.
 

Mendelssohn

Well-Known Member
war der Despotos, der Hausvater. Zum Schimpfwort wird das Wort erst, wenn ein Despot ein Gemeinwesen behandelt, als wäre es sein Familienbesitz, samt Vetternwirtschaft und allem. Frauen, Kinder, Sklaven, Haus und Hof und Tiere waren Sacheigentum des Despotos. Ihm reinzureden, wenn er Frau oder Kinder durchprügelt, wäre niemandem in den Sinn gekommen, das war Privatsache.
Es geht um die Frage, wem der Besitz gehörte. Er gehörte dem Staat, für den der Kyrios den Besitz verwaltete.
 
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