Bei Letten in Deutschland reden wir von konservativen Letten. Die progressiven, „sozialdemokratischen“ sind nach Schweden.
Meinem Großvater hättest Du nicht angemerkt, daß er Lette ist, auch wenn er erst mit über dreißig hier rübergemacht ist. Aber sie waren sehr patriotisch, betrachteten sich Zeit ihres Lebens als im Exil und haben auch ihre Kinder so erzogen, daß sie, wenn möglich, zurückkehren sollten. Und sie sind patriarchalisch. Der Erstgeborene ist sowas wie ein Primus inter pares (Erster unter Gleichen). Der auf Hochzeiten und runden Geburtstagen eine kleine Ansprache hält.
In jedem Wohnzimmer eines Exilletten hängt eine Lettland-Karte.
Ansonsten erinnern Letten sehr an Ostpreußen. In so manchem sind die Ostpreußen ja baltisch geprägt. (Die Ureinwohner Preußens, die Pruszen, waren ja Balten, die z.T. ausgerottet, z.T. aber auch assimiliert wurden).
Und natürlich Küche
Was man in Deutschland oft vergißt: Das Baltikum ist deutscher Kulturraum und hatte bis zum zweiten Weltkrieg eine deutsche Oberschicht (Heinz Erhardt, die Lambsdorffs). Immanuel Kant ist in Riga verlegt worden. Obwohl das Baltikum auch von Schweden, Russen und anderen besetzt wurden, hat niemand sie so geprägt wie die Deutschen.
Ansonsten haben sie andere Feiern: Namenstage sind ihnen eigenartigerweise wichtiger als Geburtstage (obwohl Lutheraner). Natürlich die große Sommersonnenwendfeier, Nationalfeier. Große, früher internationale Sängerfeste. Nicht von ungefähr sprach man von der baltischen als einer „singenden“ Revolution. Die Balten haben eine reiche Folklore, vor allem: echte. (Die deutschen „Volkslieder“ sind ja meist keine, sondern volkstümliche Kunstlieder, meist aus der Romantik. Die meisten haben einen Autor.)