Natürlich hat es massenweise rassistische Ausfälle gegen Özil gegeben. Dass ihn die heftigen Reaktionen überraschen, das überrascht mich nun wieder. Tayyip Erdogan hat die Deutschen über mehr als ein Jahr praktisch ohne Unterlass kollektiv beleidigt, durch an der falschen Stelle geäußerte Nazivorwürfe, durch unverhohlene Geiselnahmen deutscher Staatsbürger. Özil und vor allem Gündogan begingen die Torheit, Salz in die nationalen Kränkungen zu reiben und das auch noch als deutsche Fußballnationalspieler, also in einem Umfeld, in dem das Nationalgefühl ungehemmt zum Ausdruck gebracht wird und auch werden darf, ohne sich als Nazi verdächtig zu machen. Das Gefühl war: Die beiden haben ein Heiligtum geschändet. Zumindest Özil hatte die Chance, diesem Gefühl sofort durch eine vernünftige Erklärung entgegenzuwirken. Die hat er nicht genutzt. Das entschuldigt keine rassistischen Ausfälle, weder gegen ihn und schon gar nicht gegen alle Türkeistämmigen, aber er hätte sie im Keim ersticken können.