Knapp 1,3 Millionen arabische Israelis wohnen in Israel, sie machen rund 20 Prozent der israelischen Staatsbürger:innen aus. Nach den Basic Laws genießen sie die gleichen Bürgerrechte wie alle anderen Staatsbürger:innen des Landes – und somit weitaus mehr Freiheitsrechte als etwa Menschen in Gaza. Arabische Israelis können genauso wählen, wie jüdische oder christliche. Unter der Apartheid in Südafrika hatten Schwarze weder das passive, noch das aktive Wahlrecht außerhalb von Reservaten und „Homelands“. Auch kleine Reformen in den 1980er Jahren führten zu keiner Veränderung. Bis zur endgültigen Abschaffung der Apartheid 1994 war die große Mehrheit der Schwarzen Bevölkerung vom demokratischen Prozess – wenn er im damaligen Südafrika diesen Namen überhaupt verdient hat – ausgeschlossen. Israelische Gesetze hingegen enthalten keine rassischen Unterscheidungen wie damals in Südafrika.
In Israel gibt es arabische Parteien und Politiker:innen, seit 2021 ist erstmals eine arabische Partei, die Vereinigte Arabische Liste, sogar Teil der Regierung. Mansour Abaas, der Vorsitzende der Partei, ist „Minister für arabische Angelegenheiten“ und direkt dem Premierminister unterstellt. In der Knesset, dem israelischen Parlament, sitzen zwölf arabische Abgeordnete, insgesamt gibt es 120 Sitze. Am obersten Gerichtshof des Landes gibt es arabische Richter:innen.
Osali Abu Assad wurde gerade in der vergangenen Woche als erste muslimische Frau nach einer langen Karriere im Justizsystem zur Richterin am Northern District Court ernannt. Von 19 Amtsrichter:innen, die im Januar 2022 ernannt wurden, sind sechs arabisch – und vier von ihnen Frauen. Und die Praxis zeigt: Israelische Gerichte wie der Oberste Gerichtshof kommen immer wieder zu Urteilen, die die israelische Politik scharf kritisieren – etwa wenn es um den Siedlungsbau oder die Sperranlage zwischen Israel und der Westbank geht.
Arabische Israelis sind aber auch in anderen Teilen der Gesellschaft präsent. Etwa in der Medizin.
Daten des Gesundheitsministeriums aus 2020 belegen, dass israelische Araber:innen, obwohl insgesamt nur 20 Prozent der Bevölkerung, 46 Prozent der neu ausgebildeten Ärzt:innen ausmachen, bei Krankenschwestern und Pflegern sind es sogar 50 Prozent (im Jahr 2000 waren es gerade neun Prozent). Mehr als die Hälfte der Zahnärzt:innen (53 Prozent) in Israel und sogar 57 Prozent der Apotheker:innen sind mittlerweile arabische Israelis.
Das Bildungssystem in Südafrika war strikt getrennt. Für die Schwarze Bevölkerung diente es ausschließlich dazu, geringqualifizierte Arbeiter:innen zu produzieren, die der weißen Minderheit im Niedriglohnsektor zur Verfügung stehen und keinesfalls zur Konkurrenz erwachsen sollten.1985 waren im Schulsystem für nichtweiße Schüler:innen 45.000 Lehrer:innen beschäftigt, 42.000 davon galten als unterqualifiziert. 70 Prozent davon hatten nicht einmal einen ausreichenden Schulabschluss vorzuweisen.
Ein weiterer gravierender Unterschied zur Situation in Israel. Zur Wahrheit gehört zwar auch, dass arabische Israelis an Universitäten weiterhin unterrepräsentiert sind. Die Zahlen wachsen allerdings von Jahr zu Jahr und
nähern sich immer mehr dem Bevölkerungsanteil an. Zwischen 2008 und 2019 hat sich die Anzahl von arabischen Studierenden von 24.000 auf 51.000 mehr als verdoppelt. 61 Prozent dieser Studierenden waren weiblich. Damit machen arabische Studierende 18 Prozent aus.