Kommunalwahlen am 31. März in der Türkei

Alubehütet

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Und ja, ich weiß, dass die katholische Kirche sich auch nach der Jahrtausendwende noch weigert, Muslime in der Córdoba-Kathedrale beten zu lassen. Das hat anscheinend seine kirchliche Logik in sich, auch wenn ich es in keiner Weise nachvollziehbar finde.
Nö, ich hatte ja schon verlinkt, daß es im vorkonziliaren Kölner Dom möglich war, zum Zuckerfest ein muslimisches Gebet zu halten. Grundsätzlich dürfte da nichts gegen sprechen.
 

Burebista

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Ja gut, das ist natürlich auch jetzt ein Punkt, aber wie weit will man da zurückgehen. Viele Kirchen sind auf alten heidnischen Kultstätten, Tempeln, Heiligtümern gebaut.

Hast recht. Man soll ja auf keinen Fall so zurückgehen. Ich meinte nicht das. Ich meinte nur, dass es nicht fair sei, eine Relation zwischen Cordoba und Hagia Sophia zu machen. Hagia Sophia wurde erobert und wurde Museum. Wieso solle man beantragen, dass die Mezquita aus Cordoba als Museum zu gestalten? Als Museum wofür? Cordoba wurde erobert und zurückerobert. Sie in einem Museum umzuwandeln würde heißen, dass diese Zurückeroberung Raub war. Die Bereitschaft der Spanier, die Mezquita in einem Museum umzuwandeln würde bedeuten, dass die Spanier zugeben würden, dass die Zurückeroberung falsch war... Das werden die Spanier nicht akzeptieren.
Oder sagen wir mal so: Familie X hat ein Haus und Garten. Es kommen die Kommunisten und enteignen das Haus und das Garten. Familie X muss ins Stall, das weit weg war, um dort in Frieden zu leben. Die kommunistische Regierung reißt das Haus ab und baut eine Villa. Nach dem Niedergang der Kommunisten bekommen die Nachfolger aus der Familie X die Villa und den Garten. Aber dann kommt auch der Antrag: macht aus der Villa ein Museum! Wofür? Um die Demütigung der Familie X offenzustellen???
 

Mendelssohn

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Es geht nicht darum, ob die Hagia Sophia muslimisch oder christlich bebetet wird, es geht Erdogan darum, den Kemalismus mit seinen eigenen Waffen zu schlagen. Denn im Jahr 2020 definiert sich die türkische Nation als eine islamische Nation und nicht wie zu Zeiten Atatürks als eine türkische (nationale) Republik. Türkische Identität durch den Islam anstelle der Republik. Es wird verkauft als: die Türkei holt sich die Hagia Sophia zurück. Damit bedient man die Nationalisten, die in allen Parteien zu Hause sind.
 

Burebista

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Es ist doch ein Unterschied, ob an einem Unrecht festgehalten wird, das einst zu Zeiten der Reconquista begangen wurde...
Das sehen die Spanier nicht so. Und darum wollen sie nicht die Kathedrale als Museum umbauen. Würden sie das tun, würden sie die Reconquista als Unrecht anerkennen müssen. Die kann aber kein Unrecht sein, sonst würde man den ganzen spanischen Staat (und auch portugisieschen Staat) in Frage stellen können.
Unrecht war die Inquisition. Unrecht war die Intoleranz der katholischen Könige von Spanien gegenüber den Muslimen und den Juden und das ganze Übel, die sie in Amerika gemacht haben. Aber das lernen die auch in der Schule.
 

Burebista

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Nö, ich hatte ja schon verlinkt, daß es im vorkonziliaren Kölner Dom möglich war, zum Zuckerfest ein muslimisches Gebet zu halten. Grundsätzlich dürfte da nichts gegen sprechen.
Was Du hier schreibst ist neu für mich. Sehr interessant. Aber im Rahmen der Bistumsautonomie in der Kirche. Das müssen die Spanier nicht so sehen und haben auch Gründe dafür.
Na ja, die Spanier sind sehr konservativ, was die Religion angeht. Das sehen auch die Rumänen, die dort wohnen. Insbesondere, wenn es um Mischehen geht.
 

Burebista

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Vorsichtig, ganz, ganz vorsichtig. Nicht vom Patriarchen von Konstantinopel. Mit dem ist er spätestens seit der Ukrainekrise bitterlichst verkracht. Hier sind Putin und Erdogan nämlich auf einmal doch wieder Verbündete.

Na ja.
Erdogan hat indirekt den Russen geholfen.
Auch wenn sich die 2 Patriarchen und Patriarchate streiten, das heißt nicht, dass die Hagia Sophia nicht als höchstes Sakralbau der orthodoxen Welt angesehen wird. Erdogan hat die 2 verfeindeten Patriarchate zur selben Position gebracht und beiden gezeigt, dass die Gefahr von Außen zu groß ist und ihre Streitereien zu klein. Woraus Moskau klar gewinnen kann.

Hast Du mal gesehen, wie Putin auf dem Berg Athos von den Mönchen der Mönchsrepublik als Zar begrüßt wird?
Für diejenigen, die nicht wissen: Berg Athos: eine autonome Mönchsrepublik in Griechenland (in der EU), gebildet von 20 Klöstern, auf dessen Territorium keine Frauen erlaubt sind.
https://de.wikipedia.org/wiki/Athos
Mehr Geschichte (auch in der osmanischen Zeit) hier: https://en.wikipedia.org/wiki/Mount_Athos

Man kann dort nur mit Visum einreisen und die Visa werden je nach Konfession und Religion erteilt: keine für Nichtchristen, wenige für Protestanten, etwas mehr für Katholiken und mehrere für Orthodoxe (aber nicht für jeden...). Absolut keinen Zutritt für Frauen.
Putin stand auf dem Zarenthron:
Hier mit dem Patriarchen der russischen Kirche.
Und hier ein Besuch des russischen Patriarchen:

Wobei Berg Athos unter der Jurisdiktion des Patriarchen von Konstantinopel steht und nicht des Patriarchen von Moskau oder dem Erzbischof von Athen... (wie eben ganz Nordgriechenland oder das Territorium das 1912 an Griechenland kam).

PS. Ich war nie in der Mönchsrepublik Athos. Im Jahre 1995, als ich Student war und die Ferien mit Schwarzarbeit in Deutschland verbrachte (1995) traf ich einen jungen Katholiken (kann mir die Stadt nicht mehr erinnern, es war aber in Hessen), der mehrmals auf dem Athos war und sich gerade vorbereitete, dort zu pilgern.

PPS. Zarenthron für Putin...
Na ja, jede orthodoxe Kirche hat auf der rechten Seite ein höheres Stuhl für den Bischof. In der orth. Kirche werden aber die gesalbten Könige als Bischöfe angesehen und dürfen auf diesem Stuhl sitzen. Die Präsidenten eben nicht. Aber Putin hat dort gesessen :) So kann man die Unterwerfung besser sehen. Die autonome Mönchsrepublik hat sich Putin wie einem gesalbten Zaren unterworfen, obwohl Putin kein Zar ist und obwohl diese Mönchsrepublik in der EU liegt und sich unter der Jurisdiktion des von den Russen verfeindeten Patriarchen von Konstantinopel befindet.

Schlussfolgerung: wenn das russische Patriarchat gegen die Handlung von Erdogan Position nimmt, dann muss man wissen, dass erstens, der Zar dahintersteckt. Als Drohung an Erdogan (der hat eine rote Linie überschritten). Und zweitens, dass Moskau bald in der Position sein wird, als die höchste Instanz in der orthodoxen Welt zu fungieren.
 
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Burebista

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Vor dem Schlaf:
Die Hagia Sophia war nie immer rot, so wie heute.
Es sah weiß-rot aus :)

Hagia Sophia vor 1900.jpg

Rot wurde sie um die Jahrhundertwende gefärbt. Kenne nicht das genaue Jahr.
In derselben Zeit in Sibiu/Hermannstadt, damals in Ungarn, nach 1918 in Rumänien, wollte man eine orthodoxe rumänische Kathedrale bauen. Die Kirchenführung hat einemn Kirchenrat bezahlt, mehrere orthodoxe (oder ehemalige orthodoxe) Kirchen aus Osteuropa zu besichtigen und Vorschläge zu geben, wie die neue orth. Kathedrale aus Hermannstadt gebaut werden solle.
Es wurde die Hagia Sophia gewählt und diese nachgeahmt.
https://turism.sibiu.ro/index.php/de/biserica/151
https://patrimoniu.sibiu.ro/biserici_en/ortodoxa/57

Die Kathedrale aus Sibiu/Hermannstadt sieht jetzt so aus:
http://catedralamitropolitanasibiu.ro/tur-virtual/#

Man sieht unten rechts die rum. Flagge. Man kann auch die britische einblenden und dann ist alles auf English. Die Musik ist byzantinisch, aber auf Rumänisch.

So wie @Alubehütet sagte: Hagia Sophia, Mutter aller Kirchen :)
 
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Alubehütet

Well-Known Member
Was Du hier schreibst ist neu für mich. Sehr interessant. Aber im Rahmen der Bistumsautonomie in der Kirche. Das müssen die Spanier nicht so sehen und haben auch Gründe dafür.
Ich mußte auch später an deine Intervention denken: Eine Kirche, in der nicht orthodox gebetet wird, gilt als entweiht. So kenne ich das vom Katholizismus auch, kriege das gerade nicht überein damit, daß im vorkonziliaren Dom das Freitagsgebet verrichtet wurde.
Na ja, die Spanier sind sehr konservativ, was die Religion angeht. Das sehen auch die Rumänen, die dort wohnen. Insbesondere, wenn es um Mischehen geh
Katholisch/orthodoxe Mischehen sind ach ein Problem? An sich ist das aber kirchenjuritisch von Rom aus seit ich glaube den 50ern geregelt. Das mag verpönt sein und nicht gerne gesehen, aber ein katholischer Pfarrer sollte eine Mischehe schließen dürfen ... müssen sogar.

Meine Eltern sind katholisch verheiratet (1963), obwohl mein Vater evangelisch ist.
 

Alubehütet

Well-Known Member
Na ja, jede orthodoxe Kirche hat auf der rechten Seite ein höheres Stuhl für den Bischof. In der orth. Kirche werden aber die gesalbten Könige als Bischöfe angesehen und dürfen auf diesem Stuhl sitzen. Die Präsidenten eben nicht. Aber Putin hat dort gesessen :)
Interessant. Solche Feinheiten bekommen wir hier wirklich nicht mit. Putin ist jedenfalls nicht gesalbt. Sogar abwählbar, also vom Volk eingesetzt, nicht, wie ein Bischof, von Gott.
 

Mendelssohn

Well-Known Member
Putin lässt sich aber segnen. Vor Putin hat die Kirche in Russland/SU keine Rolle gespielt, weder, was selbsterklärend ist, im Kommunismus noch während der Übergangszeit der GUS. Gorbatschow hat sich zum Zeichen der Versöhnung mit dem gläubigen Volk in den ländlichen Provinzen zwar in der Basilius-Kathedrale mit Frau gezeigt (wenn ich mich recht erinnere), aber niemals den zaristischen Ritus zelebriert, sich Hand in Hand mit dem Altar zu präsentieren. Das kennen wir in dieser Ausformung nur von Franco. Diese Liaison hat Erdogan nicht ausreichend bedacht.
Nun sollen fürs Gebet alle Fresken abgedunkelt werden:
https://wdrmedien-a.akamaihd.net/me...hagiasophiavordemerstenfreitagsgebet_wdr3.mp3
Quo vadis Türkye?
 
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