Noch habe ich in diesem Staat mein Recht immer gefunden, wenn mal etwas strittig war, wenn es auch manchmal dauert, und es gewissen Einsatzes bedarf.
Zu dieser Einschätzung kann man eigentlich nur auf zwei Wegen gelangen:
Erstens, es gibt tatsächlich eine eindeutige Auslegung (eine objektive Wahrheit) des Rechts, die durchgehend und in jedem Einzelfall angewandt wird, zumindest bei Dir angewendet wurde. Ich habe in meinem letzten Beitrag mit den Hinweisen auf die unterschiedlichen Instanzen, auf die temporären Unterschiede in der Rechtssprechung und auf die grundsätzliche Problematik postiver Aussagen angedeutet, dass zumindest erhebliche Zweifel an dieser eindeutigen Auslegung angebracht sind. Leider gehst Du darauf überhaupt nicht ein, dabei müsste man sich mit Argumenten erst auseinandersetzen, um in die Lage zu kommen,...
... Sich dem besseren Argument zu beugen, auch wenn es nur formal ist ...
Zweitens, Du fasst einfach alles, was Dir widerfährt, als rechtens auf, ganz gleich, ob es Deinem Rechtsempfinden oder Deiner Auslegung entspricht oder nicht, denn...
... Eine Entscheidung auf Rechtsgrundlage bedeutet ja nicht, dass ich immer recht habe, oder das nur mein Interesse rechtens ist.
Und diese Haltung wäre durchaus verwandt mit der religiöser Fanatiker, die ebenfalls jede Begebenheit als Werk Gottes interpretieren, was ihnen einerseits hilft, sich mit den Zuständen zu arrangieren, andererseits verstärkend auf den zugrunde liegenden Glauben wirkt.
Ich habe hier an mehreren Stellen schon darauf hingewiesen und begründet, dass sich allgemeine Überzeugungen und Vorstellungen des Menschen sich gerade auch aufgrund der zugrunde liegenden selektiven Wahnehmung oft als sich selbst erfüllende Prophezeiungen erweisen. Auch in diesem Zusammenhang bewahrheitet sich das wieder:
Daher ist der Begriff "Glaube" an den Rechtsstaat nicht zutreffend, denn meine Einschätzung beruht auf gemachten Erfahrungen.
Dein "schön für dich" kannst du dir sparen, wenn es um Menschenrechte geht, denn es geht um Menschen, die vor Folter, Sklaverei, Ausbeutung, Vergewaltigung u. v. m. geschützt werden müssen, und zwar von uns, die wir uns einen Rechtsstaat leisten können und ihn auch haben.
Nein, das kann ich mir eben nicht sparen, wenn ich der Überzeugung bin und es für logisch halte, dass die reichsten und mächstigten Länder dieser Welt, die sich eben diesen vermeintlichen Rechtsstaat leisten können (vermutlich nur aufgrund dieses Wohlstands und solange dieser nicht gefährdet ist) gleichzeitig auch die wirksamsten Akteure bei der Herbeiführung der gegenwärtigen Weltordnung sind, bei der an vielen (weit weit entfernten) Stellen eben Folter, Sklaverei, Ausbeutung, Vergewaltigung u.v.m. an der Tagesordnung sind.
Ein vernünftiger und gutmütiger Mensch sollte sich zuimndest mit der Möglichkeit, dass der Frieden und der Wohlstand hier in irgendeiner Weise mit der Armut und dem Unfrieden anderswo zusammenhängen könnten, auseinandersetzen. Und wenn er dies nicht tut und sich völlig unkritisch einfach nur darüber freuen kann, wie gut es ihm hier geht und welchen großen Scheiß all die anderen bauen, dann bleibt mir eben nichts anderes übrig als mich zumindest darüber zu freuen, wie schön diese Vorstellung für diesen Menschen sein muss.
Keiner der Erdogan-Wähler in Deutschland, würde sich den Erdogan-Staat hier wünschen. Nicht einer.
Das ist reine Spekulation. Und wohl bemerkt, die Spekulation eines Menschen, siehe oben, dem in seinem und von seinem Rechtsstaat nach eigenem Bekunden noch nie Unrecht widerfahren ist. Wie, bitte schön, willst Du unter diesen Bedingungen beurteilen können, wie und wofür sich Menschen entscheiden würden, die jahrzehntelang, sowohl früher in ihrer Heimat, als auch später in der Fremde diskriminiert, übergangen, benachteiligt wurden. Oder, für den Fall, dass Du darauf bestehst, dass es so etwas in einem Rechtsstaat gar nicht geben kann: sich zumindest so gefühlt haben...