Mal über Erdoğan plaudern

santiago

Well-Known Member
Wie anderswo gesagt: Die Tourismusregionen sind genau die, in denen Erdogan gar nicht beliebt ist. Aus genau den von @santiago genannten Gründen. Die wissen, wie rufschädigend Erdo für ihre Branche ist. Insofern fördert man dort genau die Richtigen, wenn man dort sein Geld läßt.

Viele Touristen kennen den Unterschied zwischen CHP und AKP usw. nicht. Eigentlich brauchen sie dies ja nicht zu wissen. Fragen stellen darüber im Urlaub sollen sie ja nicht. Vielleicht kriegt dann ein Einheimischer es in den falschen Hals....was dann passiert im "Erdoland" ist ungewiss.

Geld kann man auch in Deutschland lassen. Die Wirtschaft hat es bitter nötig.
 

Mendelssohn

Well-Known Member
Keiner kann behaupten das du still leidest oder duldest das der von dir heute gepriesene Erdogan von einigen Menschen anders gesehen wird als von dir.
Seine Machenschaften werden auch nicht besser wenn du erwähnst das andere türkischen Regierungen ihre Sache noch schlechter gemacht haben.
Wenn es so lästig und ermüdend ist, dann lasse es doch sein, denn du gerätst in Gefahr dich selbst an dem Thema abzuarbeiten.
An welcher Stelle hätte Zerd Erdogan gepriesen? Ich habe eigentlich nur Kritik an den türkischen Verhältnissen gelesen, die über die Zeit Erdogans weit hinausreichen. Erdogan ist nicht vom Himmel gefallen, sondern Resultat einer politischen Entwicklung in der Türkei, für die vor allem das Militär verantwortlich ist, im übrigen auch für die rigide Knast-Kultur in der Türkei. Das alles ist kein Erfindung des Regimes Erdogan, sondern eine Fortsetzung des Altbekannten: den politischen Gegner in den Knast stecken und damit einen permanenten gesellschaftlichen Konflikt entweder am Köcheln zu halten oder zuzuspitzen, wenn Wahlkampf ist und mit dem Versprechen auf Ruhe im Land Punkte gemacht werden können.
Der größte Fehler der türkischen Regierung besteht seit Jahrzehnten darin - und damit hat Zerd recht - dass die besten Köpfe dank Vetternwirtschaft außer Landes getrieben werden, statt sie in Verantwortung zu bringen. Das gilt im Bereich der Wissenschaft und der Politik. Erdogans Versagen besteht darin, dass er diese Verteibung nicht gestoppt, sondern mit seiner Gezipark-Antipolitik befördert hat. Nach der Niederknüppelung der geistigen Elite seines Landes gab es kein Zurück mehr. Die "Vettern" (das schwarze Kapital) bekamen das Sagen, und Erdogan konnte politisch nur als "Obervetter" überleben. Und es ist niemand in Sicht, darauf spricht Zerd an, der das System der Vetternwirtschaft, d. i. das System des schnellen, aber korrupten und wenig nachhaltigen Profits, in der Türkei aus den Angeln heben könnte. Dies dehalb nicht, weil alle, die es könnten, nicht im Land sind, sondern an Universitäten irgendwo in der Welt, hauptsächlich aber in den USA und Deutschland.
 

Zerd

Well-Known Member
Ich habe @Zerd, platt gesagt, so verstanden: Erdogan ist schlimm, aber hey, Hitler war schlimmer, also kann ich mit Erdogan noch ganz gut leben.

Mit Verlaub, das ist ein großes Missverständnis! Und einer sommersonne mit ihrem einfachen zurückhaltenden Gemüt ohne allzu große Ambitionen, eigenen Ideen in die Diskussion einzubringen und stattdessen immer nur anzuführen, was sie hier oder da aufgeschnappt hat, ist das noch leicht nachzusehen, während es bei einem Alubehütet, der hier Hunderte von Artikeln und Twitterdiskussionen verlinkt und sich damit als Multiplikator versucht, wobei zu befürchten steht, dass er diese Aussagen ebenso missverständlich und unvollständig auffasst wie meine Beiträge, ist es dagegen schon beachtenswert.

Meine Kernaussage war die, dass ich die Politik Erdogans (ebenso wie die einiger bis der meisten anderen aktuellen politischen Führer) zwar nicht gutheiße, aber sie eben nicht als "ursächlich" ansehe, wie das die meisten Leute offenbar tun, die sich nun einmal auf diese Leute einschießen. Diese politischen Führer sind in meinen Augen die Folgen einer viel tiefer liegenden allgemeinen Entwicklung, die die meisten zeitgenössischen Menschen mittragen, und die es mit sich bringt, dass solche Leute nun einmal in genau diese Positionen gelangen und den Scheiss anrichten können, den sie anrichten.

Und ich führe weiter aus, dass wenn sich Einzelne derart beharrlich und ausschließlich auf diese einzelnen Folgen dieser globalen allgemeinen Entwicklung der Menschheit versteifen, statt sich mit ihren eigentlichen Ursachen und Ausprägungen zu beschäftigen, die in den meisten Fällen auch sie ganz persönlich in ihrem Denken, in ihrem Verhalten, in ihrem Wählverhalten betreffen, damit eher ablenken und verdrängen und somit die eigentliche Lösung eher verhindern als herbeiführen, was sie ihrer eigentlichen Aussage nach eher wollen.

Und wenn ich historische Entwicklungen und Vorgänge aus jüngerer Vergangenheit erwähne, dann meine ich das genau in demselben Sinne: Hitler und Stalin und die vielen Präsidenten und Führer, die die Atombombenabwürfe über Hiroshima und Nagasaki oder die Aufrüstung befohlen und forciert haben, oder die vielen anderen Nutznießer, die in dieser allgemeinen globalen Entwicklung superreich oder supermächtig geworden sind, sind zwar ziemlich schlimme Finger und keine Heiligen, aber vor allem sind sie nicht ursächlich.

Ich plädiere dafür, dass wir uns mit den Ursachen dieser Entwicklung beschäftigen statt nur mit ihren Folgen, und zwar vornehmlich mit den Ursachen, zu denen wir einen unmittelbaren Zugang haben, nämlich den Ursachen in unserem ureigenen Denken und Handeln und Wahlverhalten. Deshalb weise ich hin und wieder auch User darauf hin, die sich ganz irrational und beharrlich auf Erdogan fixiert zu haben scheinen, dass diese Fixierung möglicherweise nur davon ablenken soll. dass sie selbst auch mitunter, vielleicht sogar gerade mit dieser Haltung und Handlung, ihre eigenen Interessen ebenso hemmungslos und ohne moralische Bedenken, wie das auf andere Menschen wirken könnte, verfolgen.

Diese Haltung ist nämlich meines Erachtens Teil des Problems und nicht Teil der Lösung. Mit dieser Haltung förderst Du nämlich weder Dein eigenes Verständnis, wie so viele Dinge passieren können, die die meisten Menschen eigentlich gar nicht wollen (können), noch das Verständnis des anderen. Mit dieser Haltung förderst Du nur eine (die tatsächlichen Ursachen überdeckende und ausblendene) Konfrontation, von der wieder nur der profitieren wird, der die größere Keule schwingt.

Und das ist das eigentliche Problem. Es ist nämlich das Verhalten wie das eines "Dolap Beygiri". So nennt man in der Türkei die Rindviecher, die einen riesigen Mühlstein antreiben, indem sie sich die ganze Zeit im Kreis drehen ohne einen einzigen Schritt über diesen Kreis hinauszukommen. Das ist der Grund, wieso so viele Menschen sich eine andere eine bessere Welt wünschen und obwohl die meisten davon frei wählen dürfen, diese Welt nicht nur nicht zustande kommt, sondern nicht einmal ein Trend in der Entwicklung in diese Richtung verweist.

Ich bin nicht so altbacken, als dass ich an eine absolute Wahrheit oder den Stein der Weisen glauben würde. Darum würde ich die Haltung anderer Menschen auch nicht nach meinen Kriterien und Ansprüchen beurteilen, sondern ich versuche sie immer nach ihren eigenen Kriterien und Ansprüchen zu beurteilen. Es ist einfach nicht immer leicht zu ertragen, welch latent faschistoide menschenverachtende Haltung einige hier an der Tag legen, und zwar gerade im Namen der Demokratie und Menschlicheit und Meinungsfreiheit. Wenn sie das letztere weglassen wäre es wieder einigermaßen stimmig und leichter zu ertragen, oder sie sollen gefälligst das Erstere weglassen.

Ohne die geringste Hoffnung darauf, notorische Verleumder, ob sie das nun mit oder ohne besseres Wissen sind, damit irgendwie bekehrt oder überzeugt haben zu können, will ich es hier dabei belassen.
 

Alubehütet

Well-Known Member
Starkes Statement, immerhin. @sommersonne wegen eines Likes runterzumachen hätte jetzt nicht Not getan, vor allem nicht so: Die hältst Du intellekuell sowieso für nicht satisfaktionsfähig, mich hingegen schon, darum aber mich für um so gefährlicher. Auf solche Weise will ich keine Komplimente.

Zumal ich nun wirklich keine Agenda fahre hier. Ich verlinke, was ich für andere interessant finde. Wenn ich eine Meinung vertrete, und drei Tage drauf finde ich eine interessante Gegenmeinung, dann berichte und verlinke ich die auch. Weil mir meine Meinung nicht so wichtig ist. Und wenn, dann wäre mir das Forum hier zu klein. Ich will mich hier austauschen, lernen, nicht missionieren.

Kausalketten ... leztlich gilt da das Wort des Thomas regressus in infinitum non potest, eine Kausalkette kann nicht ins Unbegrenzte zurückgeführt werden, und dann ist letztlich Erdogan auch nur ein armes unschuldiges Würstchen unglückseliger Kausalverkettungen, und die Frau letztlich ist Schuld und nur sie, die am Anfang stand aller Kausalverkettungen und nach dem vermaledeiten Apfel griff. Was exakt die Selbstdiagnose der Deutschen war, die Hannah Arendt vorfand bei ihrem ersten Nachkriegsdeutschlandbesuch. Morgen mehr.
 
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Alubehütet

Well-Known Member
Faschismus mag in Deutschland unvermeidich gewesen sein, ab einem gewissen Punkt. Ludendorff, Goebbels. Hitler hat ihm eine, vorsichtig gesagt, sehr eigene Note aufgeprägt. Die Shoah versinkt nicht in quasi-naturhistorischen Kausalketten. Sie hat nicht nur nicht sein müssen, sie hätte nie geschehen dürfen.
 

Alubehütet

Well-Known Member
@sommersonne mit ihrem einfachen zurückhaltenden Gemüt ohne allzu große Ambitionen, eigenen Ideen in die Diskussion einzubringen und stattdessen immer nur anzuführen, was sie hier oder da aufgeschnappt hat
:mad:

Ich lege mich durchaus, und gerne mit ihr an. Gerade auch, weil ich von der gelernten DDR-Bürgerin manchesmal auch berechtigt in die Fresse kriege, Stichwort DDR-Einmarsch in die Tscheslowakei Prager Frühling 1968. Der nicht stattgefunden hat.

So nicht. So diskutiert man nicht mit, auch nicht über @sommersonne.

:confused::(:mad:
 
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sommersonne

Well-Known Member
Die Türkei hat diese Nacht heftige Luftangriffe geflogen. Keine Ahnung, was davon zu halten ist; Kandil erscheint mir nicht ungewöhnlich. Betroffen ist aber auch ein Flüchtlingslager, Cem Özdemir ist schwer angefressen.
Ich habe gelesen, weiß aber nicht mehr wo, das es gegen Kurden ging. Angeblich wurden Höhlen zerstört wo die Führer der PKK Unterschlupf genommen hätten. Alles auf iranischem Gebiet, stört ja niemanden das es fremdes Staatsgebiet ist.
 
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