Neues Organspende-Gesetz

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Bintje

Well-Known Member
Ich fände da noch wichtig, dass es eine Datenbank gäbe auf die man zurückgreifen kann (als Krankenhaus) um herauszufinden ob jemand Spender ist oder nicht.
(....)
Oder ist das eh so geplant?

Ob das so vorgesehen ist, kann ich nicht sagen, nur mitbekommen, dass es während der Debatte mehrfach gefordert wurde. Wäre ja auch sinnvoll.

Widerspruchslösungen gibt es da, wo es ein wirtschaftliches Interesse am Dummenfang gibt. Zum Beispiel bei der Weitergabe personenbezogener Daten. Legendär ist der Gesetzentwurf zur Weitergabe von Meldedaten, der während eines Spiels der Fußball-EM 2012 spät abends durch den fast menschenleeren Bundestag getrickst wurde. Seriös sind Einwilligungslösungen.

Da geht mir jetzt zu viel durcheinander, auch bei deinem letzten Link. Mal der Reihe nach: die Einwilligungsgrundlage hat in Deutschland NICHT dazu geführt, die Anzahl der Organspenden zu erhöhen. Heute war mehrfach die Rede davon, dass sie trotz hoher Spendenbereitschaft auf einem historischen Tiefstand liegen soll. Die frühere Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, die während der Debatte sehr engagiert dazu redete, verortet das Problem bei Organisationsmängeln in Kliniken: und sprach sich im übrigen wie du gegen die Widerspruchslösung aus.

Zitat von EnRetard:
Ich finde die Vorstellung unerträglich, dass einem (angeblich) Hirntoten Organe entnommen werden

Da bist du, mit Verlaub, offenbar nicht so gut informiert. "Angeblich" hirntot gibt's nicht.
Die Hirntod-Diagnostik ist ziemlich ausgefuchst und meines Wissens in erklecklichem zeitlichen Abstand von zwei darauf spezialisierten Ärzten unabhängig voneinander vorzunehmen. Aus den Richtlinien der Bundesärztekammer:

Die Irreversibilität des Hirnfunktionsausfalls und damit der Hirntod ist erst dann nachgewiesen, wenn die klinischen Ausfallsymptome (siehe 2.)

bei Erwachsenen und bei Kindern ab dem dritten Lebensjahr

– – mit primärer Hirnschädigung nach mindestens zwölf Stunden,

– – mit sekundärer Hirnschädigung nach mindestens drei Tagen

erneut übereinstimmend nachgewiesen worden sind.

Quelle: http://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/Hirntodpdf.pdf

Mehr Infos: https://www.organspende-info.de/organ-und-gewebespende/verlauf/hirntod

Zitat von EnRetard:
wenn er nicht beizeiten widersprochen hatte oder der Widerspruch unauffindbar ist.

Wem seine Organe über den Tod hinaus so heilig sind, dass er sie unbedingt mit ins Grab nehmen will, kann doch zu Lebzeiten widersprechen? Falls er oder sie es nicht tut, war die Frage wahrscheinlich auch nicht soooo wichtig.... ;)

Grenzwertig finde ich, dass die Angehörigen dann in einer absoluten Ausnahmesituation damit behelligt würden. Das werden sie aber auch jetzt, so oder so!
Ob der Widerspruch im Ernstfall auffindbar wäre oder nicht, ist m.E. Organisationssache.
Eine Aufgabe für Kliniken (.. besser nicht) oder unabhängig davon agierende Datenbanken von Organisationen wie der DKMS.

Zitat von EnRetard:
Noch schlimmer macht das Ganze, dass das Transplantationswesen sich in Deutschland als korruptionsanfälliges Unwesen erwiesen hat.
--- und die Beurteilung der Eignung von Patienten für eine Transplantation ein offenes Tor für Willkür , sogar Rassismus, ist.

Das von dir verlinkte Beispiel ist natürlich unsäglich, hat meines Erachtens aber nichts mit der Frage von Widerspruchs- oder Einwilligungslösung zu tun. Und: Korruption kann dort blühen, wo Organe knapp und entsprechend begehrt sind. Das wirst du auf freiwilliger Basis nicht ändern können. Das zeigt sich ja jetzt. Organknappheit ist der Status Quo.

Jedenfalls fand ich es gut, wie viel Raum das Thema heute in Berlin bekam. Gute Debatte! Da wünscht man sich öfters die Aufhebung des Fraktionszwangs. Mal abgesehen von etlichen Kommentaren in Medienspalten, die hauptsächlich von festen Meinungen bei viel Halb- oder Unwissen zeugten, ploppten dabei Vorschläge auf, über die ich in dem Zusammenhang noch nie nachgedacht habe: Gar nicht mal wenige Leutchen finden es offenbar prima, wenn Organspenden nur nach dem Do ut des-Prinzip vergeben würden. Wer spenden würde, bekäme im Fall einer schweren Erkrankung dann ebenfalls ein Organ. Sonst nicht. Aber das finde ich bei näherem Durchdenken einigermaßen bizarr. Es blendet zum Beispiel aus, dass es Menschen gibt, die als Spender wegen Vorerkrankungen o.ä. sowieso nicht in Frage kommen, aber ebenfalls darauf angewiesen sein können. Was dann?
 
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Mendelssohn

Well-Known Member
Das finde ich ja gerade das unlogischste, was es geben kann! Ist es diese typische Geiz ist Geil Menthalität, das was man hat das hat man, auch wenn es einem von keinem Nutzen ist?
Manchen könnte die christlich-abendländische Tradition des unversehrten Leibes in den Knochen stecken. Lange Zeiten haben die Kirchen die schneidende Untersuchung des toten Leibes untersagt (im Unterschied zum Judentum und Islam), um den beseelten Leib vor Ausschlachtung zu schützen, also um die Seele zu retten. Manche sehen Seele und Leib als Einheit über den Tod hinaus. Es muss nicht notwendig Gier sein. Es kann auch Angst vor einem unvollständigen Übertritt ins Jenseits sein. Angst vor dem Tod der Seele.
 
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Skeptiker

Well-Known Member
Manchen könnte die christlich-abendländische Tradition des unversehrten Leibes in den Knochen stecken. Lange Zeiten haben die Kirchen die schneidende Untersuchung des toten Leibes untersagt (im Unterschied zum Judentum und Islam), um den beseelten Leib vor Ausschlachtung zu schützen, also um die Seele zu retten. Manche sehen Seele und Leib als Einheit über den Tod hinaus. Es muss nicht notwendig Gier sein. Es kann auch Angst vor einem unvollständigen Übertritt ins Jenseits sein. Angst vor dem Tod der Seele.
Und nun mal logisch gedacht, was würde Gott urteilen? Du hast es verneint einen Menschen zu helfen, weil du dachtest, Gott wolle dich ganz oder du hast ein Leben gerettet? Wie würde der Gott der Liebe denn entscheiden?
 

eruvaer

Well-Known Member
Und nun mal logisch gedacht, was würde Gott urteilen? Du hast es verneint einen Menschen zu helfen, weil du dachtest, Gott wolle dich ganz oder du hast ein Leben gerettet? Wie würde der Gott der Liebe denn entscheiden?
Da geht es wohl weniger um den guten Willen oder ähnliches, sondern mehr um den unversehrten Übergang ins Jenseits. Schau dir an, was die alten Ägypter für einen Aufwand betrieben haben um möglichst unbeschadet nach dem Tod zu sein (Mumifizierung). Damit ist es wohl eher vergleichbar.
Auch wenn der Körper bei den Christen unter besten Bedingungen verrottet - vermutlich muss man dabei vollständig sein um durch den geweihten Boden ins Himmelreich zu rotten. Frag mich nicht. Es ist eine Frage des Glaubens, es ist sehr emotional. Es muss nicht logisch sein. Muss aber toleriert werden.
Jegliche höchst sachliche Erklärung seitens eines Medizinstudierten konnten die Einstellung meiner eigentlich sehr logischen, sehr nächstenliebenden Mutter zu dem Thema nicht ändern. Bei der Vorstellung man schneidet ihrem verstorbenen Kind etwas ab...schlimm. Andersrum hat sie übrigens das gleiche Problem beim Gedanken Teile von einer fremden Leiche eingepflanzt zu bekommen. Obwohl - oder vielleicht gerade weil mehrere Personen in ihrem nahen Umfeld darauf angewiesen waren.
 

EnRetard

Well-Known Member
Da bist du, mit Verlaub, offenbar nicht so gut informiert. "Angeblich" hirntot gibt's nicht.
Öh, gut genug, um meine Zweifel zu haben. https://de.wikipedia.org/wiki/Hirntod#Kontroversen

Ich vertraue dem Medizinwesen bei uns nicht

. Ebenso wie flächendeckend aus wirtschaftlichen Erwägungen unnötig oder in ungeeigneten Spitälern operiert wird, halte ich es für denkbar, dass bei großem Interesse an den Organen mit den Hirntod-Kriterien flexibel umgegangen wird.

Wem seine Organe über den Tod hinaus so heilig sind, dass er sie unbedingt mit ins Grab nehmen will, kann doch zu Lebzeiten widersprechen? Falls er oder sie es nicht tut, war die Frage wahrscheinlich auch nicht soooo wichtig.... ;)

Gehst du bei Datenweitergabe oder bei untergeschobenen Vertragsbestandteilen auch so nonchalant mit der Frage um?
Das von dir verlinkte Beispiel ist natürlich unsäglich, hat meines Erachtens aber nichts mit der Frage von Widerspruchs- oder Einwilligungslösung zu tun.
Doch. Es zerstört mein Vertrauen in das System. Ich könnte jetzt natürlich sagen: Ist doch egal, wenn statt der analphabetischen türkischen Putzfrau ohne Deutschkenntnisse die Frau Professorsgattin das Organ kriegt, die hatte es sicher auch sehr nötig, aber dafür denke ich zu politisch.
 

eruvaer

Well-Known Member
Öh, gut genug, um meine Zweifel zu haben. https://de.wikipedia.org/wiki/Hirntod#Kontroversen

Ich vertraue dem Medizinwesen bei uns nicht

. Ebenso wie flächendeckend aus wirtschaftlichen Erwägungen unnötig oder in ungeeigneten Spitälern operiert wird, halte ich es für denkbar, dass bei großem Interesse an den Organen mit den Hirntod-Kriterien flexibel umgegangen wird.



Gehst du bei Datenweitergabe oder bei untergeschobenen Vertragsbestandteilen auch so nonchalant mit der Frage um?

Doch. Es zerstört mein Vertrauen in das System. Ich könnte jetzt natürlich sagen: Ist doch egal, wenn statt der analphabetischen türkischen Putzfrau ohne Deutschkenntnisse die Frau Professorsgattin das Organ kriegt, die hatte es sicher auch sehr nötig, aber dafür denke ich zu politisch.
Und wie stehst du zu einer Regelung bei der sich jeder entscheiden muss, weil es bspw wie die Augenfarbe Bestandteil des Persos ist?
 

Bintje

Well-Known Member
Ich vertraue dem Medizinwesen bei uns nicht

Oh, dann tue dich mal in anderen Ländern um! Ich empfehle Osteuropa und die Ukraine.
Auch aus Erzählungen von Ärzten, die von dort hierher abgewandert sind.
Mehr darüber findet sich unter anderem hier:

http://www.spiegel.de/gesundheit/di...pa-die-revolte-der-weisskittel-a-1076297.html

Gehst du bei Datenweitergabe oder bei untergeschobenen Vertragsbestandteilen auch so nonchalant mit der Frage um?

Bitte was?! :confused:o_O Ich kann ja verstehen, dass du unbedingt recht behalten willst ( :p ), aber erkläre mir doch mal bitte, was dein unlogisches Nicht-Argument mit der Ignoranz von Leuten zu tun hat, die zu Lebzeiten zu faul sind, bei einer ihnen (angeblich sehr wichtigen) Frage ein einziges Mal NEIN anzukreuzen und ihre Verwandten entsprechend zu instruieren.

Durch die Widerspruchslösung ändert sich praktisch nichts. Außer, dass die Leute sich 1x aktiv mit der Frage beschäftigen und ggf. Nein sagen müssten. So, wie es jetzt ist, ist es de facto dasselbe: nur dass die Angehörigen damit konfrontiert werden, wenn jemand stirbt und keine Verfügung getroffen hat.
Warum soll es eine Zumutung sein, wenn unmittelbar Betroffene sich damit auseinandersetzen (sollen)?

Zumal die Widerspruchslösung, so, wie sie jetzt geplant ist, die Einbeziehung der Verwandten zusätzlich vorsieht.
Um sicherzustellen, dass alles so gemeint war, wie man's verfügt hat und nicht zu weit zurückliegt.

Weiteres dazu ein andermal.
 

eruvaer

Well-Known Member
Oh, dann tue dich mal in anderen Ländern um! Ich empfehle Osteuropa und die Ukraine.
Auch aus Erzählungen von Ärzten, die von dort hierher abgewandert sind.
Mehr darüber findet sich unter anderem hier:

http://www.spiegel.de/gesundheit/di...pa-die-revolte-der-weisskittel-a-1076297.html



Bitte was?! :confused:o_O Ich kann ja verstehen, dass du unbedingt recht behalten willst ( :p ), aber erkläre mir doch mal bitte, was dein unlogisches Nicht-Argument mit der Ignoranz von Leuten zu tun hat, die zu Lebzeiten zu faul sind, bei einer ihnen (angeblich sehr wichtigen) Frage ein einziges Mal NEIN anzukreuzen und ihre Verwandten entsprechend zu instruieren.

Durch die Widerspruchslösung ändert sich praktisch nichts. Außer, dass die Leute sich 1x aktiv mit der Frage beschäftigen und ggf. Nein sagen müssten. So, wie es jetzt ist, ist es de facto dasselbe: nur dass die Angehörigen damit konfrontiert werden, wenn jemand stirbt und keine Verfügung getroffen hat.
Warum soll es eine Zumutung sein, wenn unmittelbar Betroffene sich damit auseinandersetzen (sollen)?

Zumal die Widerspruchslösung, so, wie sie jetzt geplant ist, die Einbeziehung der Verwandten zusätzlich vorsieht.
Um sicherzustellen, dass alles so gemeint war, wie man's verfügt hat und nicht zu weit zurückliegt.

Weiteres dazu ein andermal.
Es gibt tatsächlich auch Leute, die schon mit der Fragestellung nicht einverstanden sind. Sie möchten sich nicht mit dem Thema auseinandersetzen müssen.
Wobei ich da immer spannend finde, dass ihnen dann gleichzeitig egal ist, dass ihre Hinterbliebenen im Trauerzustand damit konfrontiert werden müssen.
 

Bintje

Well-Known Member
Es gibt tatsächlich auch Leute, die schon mit der Fragestellung nicht einverstanden sind. Sie möchten sich nicht mit dem Thema auseinandersetzen müssen.
Wobei ich da immer spannend finde, dass ihnen dann gleichzeitig egal ist, dass ihre Hinterbliebenen im Trauerzustand damit konfrontiert werden müssen.

Das finde ich auch hochgradig widersprüchlich. :confused:
 
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