Bintje
Well-Known Member
(...)Warum ein Giftanschlag, an dem das Opfer nicht stirbt und dann die Erlaubnis zur Behandlung auszureisen, Beweismaterial in Gestalt von Giftspuren inklusive? Wenn ein mit absoluter Macht herrschender Präsident unbequeme Leute entsorgen will, gibt es elegantere Wege.
Möglicherweise ja, in dem Fall aber nicht. Nawalny hat viele Anhänger.
Stirbt er im Ausland, ist das Ausland schuld: Wir haben alles für ihn getan, aber ihr wolltet, dass er verlegt wird.
So einfach geht Propaganda.
Jetzt werden mit ordentlich Schaum vor dem Mund Saktionen verlangt, vor allem der Stopp des Pipeline-Projekts kurz vor dem Abschluss - so wie von der Trump-Regierung gefordert, die einem Markt für ihr Fracking-Gas braucht. Die Ironie dabei ist, ausgerechnet Trump sieht die Urheberschaft des Kreml an dem Mordversuch nicht als erwiesen an.
Mal ab davon, dass man keinen Schaum vor dem Mund braucht, um die Dinge nicht nur einseitig zu betrachten und Russland automatisch auf der Seite der "Guten" zu verorten:
Trump würde sich vor der angestrebten Wiederwahl kaum mit China und Russland gleichzeitig anlegen.
Und Europa, insbesondere Deutschland, braucht er noch als Sündenbock. Um bedarfsweise die Daumenschrauben anziehen zu können.
Aus Anlass des Nawalny-Falls Sanktionen zu verhängen, erscheint mir verlogen. China beseitigt völkerrechtswidrig den Status von Hongkong und betreibt die Auslöschung der uigurischen Kultur in Ost-Turkestan. Von den Drohungen gegen das demokratische Taiwan ganz zu schweigen. Sanktionen? Fehlanzeige.
Ach so. Na ja, da kann man ja gleich das ganz große Fass aufmachen, statt sich auf das Aktuelle zu konzentrieren, was naheliegend wäre. Am besten gleich alle diplomatischen Kanäle zerdeppern: Hauptsache, am Ende ist man fein raus, gell? Aber ganz so einfach ist das nicht. China wird dringend als Zulieferer benötigt, unter anderem für Antibiotika. Sie brauchen in Reaktion auf Sanktionen nur den Hahn zuzudrehen; dann sieht es hier düster aus. Nicht nur bei Medikamenten. Sorry, aber so ist das. Insofern wird man da wechselseitige Abhängigkeiten berücksichtigen (müssen), egal, was einem der moralische Kompass sagt.
Und was Russland und dessen Verfehlungen betrifft: sie geben sich grundsätzlich als Verfolgte westlicher Kampagnen aus, egal, was geschieht.
https://www.tagesschau.de/faktenfinder/russland-nawalny-desinformation-101.html
Wäre es so, wie russische Regierungspropaganda behauptet, würde Nordstream 2 längst nicht mehr weiter verfolgt: aber das wäre dämlich, dümmer ginge es nicht. Baerbock hat das auch nicht gepeilt.
Der Ausstieg käme sehr teuer. Irgendwo las ich dieser Tage, von zwölf Milliarden, die der Ausstieg aus Nordstream 2 kosten würde, müsste ein Drittel von deutschen Gas-Kunden geschultert werden. Die aber künftig eh schon durch geplante LNG-Terminals für amerikanisches Fracking-Gas zur Kasse gebeten werden sollen. Mistig.
https://www.spiegel.de/wirtschaft/u...llen-trumps-terminals-bezahlen-a-1258452.html
Genau deshalb bin ich der Meinung, dass man Russland die Grenzen anders aufzeigen und Nordstream nicht antasten sollte.