Spaltung der deutschen Gesellschaft?

eruvaer

Well-Known Member
Nein, glaube ich nicht, jedenfalls so lange es das Bildungsbürgertum betrifft. Bildung war total kostenlos und bevorzugt konnten "Kinder" deren Eltern Arbeiter waren, studieren. So gesehen waren sie nach dem Studium auch keine Bürgerlichen, sie hatten einfach studiert und waren "Intelligenz".
Es wurde darauf geachtet das es kaum Bürgertum gab, denn es sollten ja alle gleich sein. Die paar privaten Fleischer, Bäcker, Handwerker wurden als Bürger oder besser Mittelständler betrachtet und nicht gefördert.
Die DDR-Gesellschaft läßt sich nicht in die gleichen Schichten einteilen wie die BRD.

Ich kann mir das Vorhandensein von Nazis in der DDR schlecht erklären und ich kannte auch keine. Vielleicht hat man uns bis zum Erbrechen mit den Untaten der Nazis vollgestopft, so das einige es nicht mehr hören konnten. Jede Schulklasse war in Vorbereitung der Jugendweihe in Buchenwald und mußte sich dort auch den Film über die Verbrechen anschauen. In jedem nur irgendwie passenden Unterrichtsfach wurde das dritte Reich behandelt. Ehemalige KZ-Häftlinge kamen in die Schulen und berichteten. Filmund Fernsehen behandelten das Thema.
Das es trotzdem Nazis gab kann ich mir nur so erklären das es eine Art des Aufbegehrens gegen die Gesellschaft war. Vielleicht unterstützt durch Erzählungen heimlicher Nazi-Opas und Omas. Die muß es ja hier auch gegeben haben, aber öffentlich haben die den Mund gehalten.
Das erklärt aber nicht den Unterschied zwischen Ost und West.
Im Westen wird einem die NSgeschichte auch so totgelabert.......... Das hatte damals in meiner Schule alle schon richtig wütend gemacht. Wir haben uns jedes Jahr wieder beschwert, dass wir auch Mal war über die restliche Geschichte lernen wollen. SO KRASS war das.
Und das lag keineswegs an unserem Desinteresse an dem Thema oder der falschen Einstellung dazu. Meine Clique war als links bekannt und ich wurde immer angemeckert, dass ich so rechts geworden sei (hatten sich an mir orientiert und sind dann etwas über die Stränge geschlagen...)
Aber vom NS wollte niemand mehr was hören.
Wir hatten uns sogar gefreut dass eines Tages ein Stasiopfer in der Schule von seinen Erlebnissen mit seiner Haft und der zugehörigen Folter erzählt hat
Nicht falsch verstehen... Wir haben mit ihm gelitten und geheult... Und es war irgendwie wieder die gleiche braune K... In rot... Aber meine Güte! Es muss doch etwas anderes in der deutschen Geschichte gegeben haben!
Ich hab im Unterricht jeweils die Geschichtsbücher des Schuljahres gelesen... Da stand noch viel mehr drin!
Nur drüber reden wollte niemand :((

Irgendwann fielen dann auch Sätze wie "ich werde einfach Nazi, dann freu ich mich drüber, dass wir nur darüber reden!" ... Allerdings scherzhaft.
Deswegen kann ich auch sehr gut verstehen, dass es viele gibt, die der AFD im dem Punkt zustimmen, dass dieses Thema nicht mehr so ausgelatscht werden soll.
Nur verstehen da Wähler und AfDler vermutlich etwas unterschiedliches mit...

...man bin ich froh dass ich nicht mehr in die Schule gehen muss... Noch ein Jahr NSgeschichte und ich hätte gelernt mit meinem Kopf Tische zu zerschlagen...

Und Nazi(groß)eltern gab's hier auch ;)
Hatte ich auch ein Paar von.
 

Mendelssohn

Well-Known Member
Noch ein Jahr NSgeschichte und ich hätte gelernt mit meinem Kopf Tische zu zerschlagen...
Dafür haben meine Profs gekämpft, daß die Aufarbeitung der Vergangenheit in den Schulunterricht kommt. Zu meiner Zeit kamen wir dort nicht an. Und wir hatten jedes Jahr Geschichte bis zum Abitur. Über den Investiturstreit ging es wenigstens ein gesamtes Schuljahr in der Mittelstufe. An das einzige, an das ich mich erinnere, war die wiederholte Mahnung der Geschichtlehrerin in der Oberprima, daß sich die braune Diktatur nicht von der roten unterscheide. Diktatur sei Diktatur. Es ging also in Richtung Relativierung, Entlastung. Das war nicht fair. Auch darum kann meine Generation keinen Schlußstrich ziehen.
 

eruvaer

Well-Known Member
Die einzigen Dinge an die ich mich außer NS aus dem Geschichtsunterricht erinnern kann waren Fehlstunden der Lehrer die von der Vertretung mit einem Blockbuster gefüllt wurden.

Diesen Teil der Geschichte nachdrücklich im Unterricht zu vermitteln und auch wiederholt ist gut und richtig und wichtig.
Aber es sollte auch noch ausreichend Platz für den Rest der paar tausend Jahre sein. Man könnte es so wunderbar lebhaft beschreiben, wie sich dieselben Mechanismen immer wieder überall wiederholen in der Geschichte, Gegenwart und Zukunft und immer wieder bleibt NS die traurige Spitze der organisierten Grausamkeit.
Aber eben nicht maßlos übertreiben. Das für selbst beim interessiertesren irgendwann nur noch zum Abstumpfen was am Ende vielleicht noch in Begeisterung umschlägt.

Über die Industriealisierung hab ich im Englischunterricht etwas gelernt und es fiel in der ca 9. Klasse die ernsthafte Frage ob es sowas auch in Deutschland gab... Und ja das war wirklich ein echtes Gymnasium in Deutschland und von anderen Leuten aus anderen Städten von anderen Schulen hab ich sehr ähnliche Geschichten gehört.
Das ist nicht okay.
Das schrecklichste sollte an der Geschichte immer sein, dass es passierte, nicht dass es einen ständig überall immer heimsucht. Diese immense Präsenz hat bei einem Bekannten damals dazu geführt, dass er der Meinung war man sollte dieser tollen Idee folgen, da sie heute noch die Menschheit beschäftigt mit dem großartigen Ausmaß ihrer Handlungen.
Ja der war nicht so helle und auch ein Mitläufer. Aber solche Menschen gibt es eben. Und vermutlich nicht so wenige wie uns lieb wäre.
 

Mendelssohn

Well-Known Member
Was haltet ihr denn von dem Mahnmal vor Höckes Haus in Thüringen?
Angemessener Protest, Verletzung der Persönlichkeitsrechte oder als kontraproduktive Aktion, da Höcke nun als das Opfer stilisiert werden könne?
Der Zentralrat der Juden wollte keine Stellungnahme abgeben. Kann ich verstehen. Zwar ist die Verhöhnung Höckes gerechtfertigt, zugleich wird ein bedeutendes Erinnerungsmahnmal karikiert. Jeder einzelne Stein steht ja für ein gefoltertes, ermordetes und vergastes Individuum. Vor Höckes Haustür verlieren sie ihre Würde, weil er sie mit Füßen tritt.
http://www.deutschlandfunk.de/zentr...n-mahnmal-vor.2849.de.html?drn:news_id=818905
Man kann es natürlich auch als eine Reeducation-Maßnahme begreifen. Ich tendiere fast in diese Richtung.
 

Msane

Well-Known Member
Die Aktion ist eine Frechheit, wenn eine Person egal welcher politischer Gesinnung ihre Meinung nicht mehr kundtun kann, ohne das irgendwelche Gestalten vor der Haustüre aufkreuzen oder die Familie mit solchen Aktionen belästigen, da hat der demokratische Rechtsstaat versagt bzw. die Personen die dafür verantwortlich sind, haben von Demokratie nichts verstanden.


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EnRetard

Well-Known Member
Was haltet ihr denn von dem Mahnmal vor Höckes Haus in Thüringen?
Angemessener Protest, Verletzung der Persönlichkeitsrechte oder als kontraproduktive Aktion, da Höcke nun als das Opfer stilisiert werden könne?
Der Zentralrat der Juden wollte keine Stellungnahme abgeben. Kann ich verstehen. Zwar ist die Verhöhnung Höckes gerechtfertigt, zugleich wird ein bedeutendes Erinnerungsmahnmal karikiert. Jeder einzelne Stein steht ja für ein gefoltertes, ermordetes und vergastes Individuum. Vor Höckes Haustür verlieren sie ihre Würde, weil er sie mit Füßen tritt.
http://www.deutschlandfunk.de/zentr...n-mahnmal-vor.2849.de.html?drn:news_id=818905
Man kann es natürlich auch als eine Reeducation-Maßnahme begreifen. Ich tendiere fast in diese Richtung.
"Kollektiv für politische Schönheit" - Ich habe mich kaputtgelacht. Geniale Aktion. Damit meine ich die Anmietung des Grundstücks und die Steine, die Höcke vor die Nase gesetzt wurden. Die Ausspähaktion, die Berichten zufolge ebenfalls stattgefunden hat, allerdings nicht. Sie dürfte vermutlich strafbar gewesen sein.
 

Mendelssohn

Well-Known Member
"Kollektiv für politische Schönheit" - Ich habe mich kaputtgelacht. Geniale Aktion. Damit meine ich die Anmietung des Grundstücks und die Steine, die Höcke vor die Nase gesetzt wurden. Die Ausspähaktion, die Berichten zufolge ebenfalls stattgefunden hat, allerdings nicht. Sie dürfte vermutlich strafbar gewesen sein.
Ans "Ausspähen" glaube ich erst mal nicht! Warum sollten sie? Ich vermute eher anders rum: Höcke richtet seinen Feldstecher auf die Aktion, und die Aktionäre holen ihrerseits einen Feldstecher aus dem Rucksack. Aug um Aug sozusagen. Nicht, daß ich dabei gewesen wäre oder Bütikofer aus dem Nähkästchen geplaudert hätte.
 

Alubehütet

Well-Known Member
Ich fand's auch einfach nur witzig. :)

Die Ausspähaktion allerdings nicht. Die sind allerdings gerne auch dabei im Produzieren von Fakenews. Muß man abwarten, ob da was dran ist.
 
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