Spiegelgate

Mendelssohn

Well-Known Member
Nach meiner Kenntnis besteht die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte aus einer (syrischen) Person mit Sitz in London. Gerade deshalb bin ich froh, dass es sie gibt, auch wenn die Quelle nicht unparteiisch ist und ihre Quellen aus vielen Gründen nicht immer überprüft werden können. Ohne diese "Beobachtungsstelle" hätten wir nämlich gar keine.
 

Mendelssohn

Well-Known Member
Der Typ hat doch auch für die Welt und die Süddeutsche geschrieben, man könnte sagen, für alle, die noch zahlen können.
Die Printmedien stehen exorbitant unter Druck. Das führt dazu, dass Personal entlassen und statt dessen auf freiwilliger Basis gemietet wird. Hier ist der Konkurrenzkampf groß. Um im Geschäft zu bleiben, braucht man große Geschichten.
Um sich vor erfundenen Geschichten zu schützen, sollten die Zeitungen vielleicht wieder mehr Reporter fest einstellen.
Qualität ist in jeder Branche immer noch eine Frage des Lohns.
 

alterali

Well-Known Member
Der Typ hat doch auch für die Welt und die Süddeutsche geschrieben, man könnte sagen, für alle, die noch zahlen können.
Die Printmedien stehen exorbitant unter Druck. Das führt dazu, dass Personal entlassen und statt dessen auf freiwilliger Basis gemietet wird. Hier ist der Konkurrenzkampf groß. Um im Geschäft zu bleiben, braucht man große Geschichten.
Um sich vor erfundenen Geschichten zu schützen, sollten die Zeitungen vielleicht wieder mehr Reporter fest einstellen.
Qualität ist in jeder Branche immer noch eine Frage des Lohns.
Die Printmedien sind mittlerweile fast alle auch online.
Natürlich kann man auch online Geld verdienen

Das Printmedium einer Tageszeitung kostet mittlerweile ca. 40€.
Das kann/will sich nicht jeder leisten.
 

Mendelssohn

Well-Known Member
Das Printmedium einer Tageszeitung kostet mittlerweile ca. 40€.
Das kann/will sich nicht jeder leisten.
Insbesondere dann nicht, wenn die Printmedien keine eigenen Journalisten mehr bezahlen, sondern sich wahlweise bei den Nachrichtenagenturen oder Leiharbeitsfirmen bedienen, die freie Journalisten vermitteln.
Nur die ganz großen Printmedien wie Spiegel, Bild oder Süddeutsche habe überhaupt noch Kapazitäten, um Schwindel in der Nachrichten-Industrie aufzudecken, dessen Teil sie sind. Dass sie diesen Umstand reflektieren, unterscheidet Spiegel, Welt, Tagesspiegel, Süddeutsche und die Öffentlich-Rechtlichen (also die zu Unrecht beschimpfte "Lügenpresse") von Fake News, die nicht einem individuellen Versagen, sondern systemstrategischen Überlegungen anzulasten sind. Der falsche Journalist will ganz egoistisch Profit machen. Er ist ein unlauterer Privatier. Das antidemokratische Netzwerk von Trump bis Putin mit all seinen Seitenschiffen im rechten und stalinistischen Milieu, ist dagegen nicht auf individuelle Gier zurückzuführen. Vielmehr sind es machtstrategische Überlegungen, das Internet, die neue Tageszeitung, mit Verschwörungstheorien und "Kontextanalysen" zu versorgen, welche die alten Ressentiments beleben.
 

alterali

Well-Known Member
Insbesondere dann nicht, wenn die Printmedien keine eigenen Journalisten mehr bezahlen, sondern sich wahlweise bei den Nachrichtenagenturen oder Leiharbeitsfirmen bedienen, die freie Journalisten vermitteln.
Nur die ganz großen Printmedien wie Spiegel, Bild oder Süddeutsche habe überhaupt noch Kapazitäten, um Schwindel in der Nachrichten-Industrie aufzudecken, dessen Teil sie sind. Dass sie diesen Umstand reflektieren, unterscheidet Spiegel, Welt, Tagesspiegel, Süddeutsche und die Öffentlich-Rechtlichen (also die zu Unrecht beschimpfte "Lügenpresse") von Fake News, die nicht einem individuellen Versagen, sondern systemstrategischen Überlegungen anzulasten sind. Der falsche Journalist will ganz egoistisch Profit machen. Er ist ein unlauterer Privatier. Das antidemokratische Netzwerk von Trump bis Putin mit all seinen Seitenschiffen im rechten und stalinistischen Milieu, ist dagegen nicht auf individuelle Gier zurückzuführen. Vielmehr sind es machtstrategische Überlegungen, das Internet, die neue Tageszeitung, mit Verschwörungstheorien und "Kontextanalysen" zu versorgen, welche die alten Ressentiments beleben.
Das ist so ein Mix! Können wir das mal etwas aufdröseln.
Ich fange mal mit dem einengendem Thema Spiegelgate an:
Märchenerzähler, Lügner, Hochstapler oder auch nur Angeber gibt es in der gesamten Gesellschaft.

obwohl ich das zum Aufhänger des Themas gemacht habe. Lügenpresse meint meines Erachtens viel mehr.
Ob zu Unrecht, Verschwörungstheorie oder nicht. Darüber wollte ich eigentlich hier diskutieren.

Lassen wir mal die Geschichte und die Nazis beiseite. Was löste diesen Vorwurf aus und warum haben sich die Medien selbstreflektierend mit diesem Vorwurf befasst.
 

Alubehütet

Well-Known Member
@alterali Das ist sehr komplex.

Zum einem gibt es eine Krise der Medien, denen es nicht gelingt, Internet für sich zu monetarisieren. Google, Facebook, Apple haben sich erfolgreich dazwischen geschoben.

Das zu einer Zeit, wo eine Generation von Eigentümern dran ist, denen es nicht mehr in erster Linie um publizistische Ideale geht, sondern um Rendite.

Rendite aber sorgt sich nicht um Wahrheit. Da wird Facebook zu einem eigenartigen Konkurrenten, die gerade auch mit empörenden Unwahrheiten Geld verdienen.

Immer schon aber war die Macht der Anzeigenkunden weitaus größer, da konzentrierter und besser organisiert, als die der zahlenden Leser. Schreib mal was gegen die Lufthansa; die kippen dich aus dem Bordsortiment. Wenn ALDI ihre ganzseitigen Anzeigen streicht ...

Dann gibt es in Kriegs- und Krisenzeiten eine patriotische Loyalität, die ich befürworte, so lange sie kritisches Hinterfragen nur vertagt, die ihnen gerade von konservativer Seite aber auch verübelt wird.

Von links gibt es den pauschalen Verdacht, die herrschenden Ideen seien stets noch die Ideen der Herrschenden gewesen.

Und dann den rechten Lügenpresse-Vorwurf, Politik wie Medien seien nur öffentlich aufgeführte Schaustücke; die wirkliche Macht werde von Hintermännern ausgeübt, deren wahre Interessen verschleiert würden.
 
Zuletzt bearbeitet:

Bintje

Well-Known Member
Insbesondere dann nicht, wenn die Printmedien keine eigenen Journalisten mehr bezahlen, sondern sich wahlweise bei den Nachrichtenagenturen oder Leiharbeitsfirmen bedienen, die freie Journalisten vermitteln.

Es gab vor x Jahren mal eine branchenbezogene Agentur, die Journalisten teils nur projektbezogen, teils auch längerfristig in Redaktionen vermitteln wollte oder vermittelte. So weit ich es aus dem Augenwinkel mitbekam, starb sie einen einsamen Tod. Was Gründe hatte, weil Journalisten an sich dazu neigen, sich bei der Stellensuche auf Initiativbewerbungen, Kontakte und Stellenausschreibungen zu verlassen.
Was du beschreibst, funktioniert in der Regel umgekehrt: Stellenbewerber und Arbeit- beziehungsweise Auftraggeber einigen sich auf eine Anstellung oder freie Mitarbeit auf Honorarbasis, und der/die künftige Mitarbeiter*in bekommt dann einen mehr oder minder auskömmlichen Vertrag zu "Haustarifen" bei einer ausgegründeten Gesellschaft des Mutterhauses. Das führt dann bei Gehältern und Honoraren zu einer verfestigten Zwei-Klassen-Gesellschaft und gilt oft auch für Leute, die im Mutterhaus gelernt haben und danach übernommen werden. Da etliche Medienhäuser inzwischen aus der Tarifbindung ausgeschert sind, können sie ihre Honorare mehr oder weniger frei festlegen. Was darüber hinausgeht, ist Verhandlungssache, wird aber von den Arbeitgebern gern abgeschmettert mit dem kühlen Verweis, der Freie sei ja so frei, sich zusätzliche Auftraggeber zu suchen. Btw, bei den Niedrighonoraren, die oft gezahlt werden, muss er das eh, kann's aber in der Praxis kaum schaffen, weil eingebunden in feste Dienstpläne, Redaktionsroutinen und so weiter.

Was die Agenturen begrifft, stell sie dir vor wie Nachrichten-Großhändler. Sie liefern das Schwarzbrot (Text, Bild, Filmschnipsel, Pressemitteilungen usw.) und leben von den Abonnements ihrer Kunden, die auf Basis dieser nachrichtlichen Grundversorgung wiederum Personal sparen können. Das ist im Prinzip in Ordnung. Nicht jedes Blatt, nicht jeder Radio- und TV-Sender kann und will sich an jedem Ort der Welt eigene Korrespondenten leisten, zum Beispiel. Problematisch wird es, wenn die Agenturen selbst sparen und Honorardumping betreiben - und das tun sie.
Zitat von Mendelssohn:
Nur die ganz großen Printmedien wie Spiegel, Bild oder Süddeutsche habe überhaupt noch Kapazitäten, um Schwindel in der Nachrichten-Industrie aufzudecken, dessen Teil sie sind.

Da vergisst du Portale wie Uebermedien, Bildblog und Correktiv (letztere förderten u.a. die #Meetoo-Affäre beim WDR zutage). Die sind in punkto Medienkritik m.E. inzwischen erheblich fitter, bei anderen Themen teilweise auch.
 

Bintje

Well-Known Member
Die 24 Seiten im neuen SPIEGEL in eigener Sache gibt es hier zum Download als PDF (Download startet sofort). :)

Hatte ich schon vor 'ner Woche im Denkerthread verlinkt, aber macht nichts. Vom mehrmaligen (oder erstmaligem?) Lesen wird's ja nicht schlechter. :D ;)

Julia Karnick, Autorin und ehemals langjährige Kolumnistin bei "Brigitte", brachte dieser Tage ein ganz anderes Thema aufs Tapet - und trifft damit meines Erachtens ins Schwarze:
Warum, fragt sie, sollen eigentlich ausgerechnet die beiden hauptamtlichen Förderer von Claas R. zum 1. Januar 2019 in die "Spiegel"-Chefredaktion aufsteigen?

https://julia-karnick.de/warum-mich...VchuRiKyFYNZRDwgZMiV-nvjOpqtDBybrh0bbqhBx62fs

Um Verschwörungstheorien vorzubeugen: der Umbau der Chefredaktion nebst dazugehörigen Personalien war nach dem Abgang des vormaligen Spiegel-Chefs Klaus Brinkbäumer schon im August beschlossene Sache.
Und was die Beförderung desjenigen Ressortleiters zum einflussreichen Blattmacher betrifft, in dessen Bereich Claas R. anscheinend Narrenfreiheit hatte und der ihm laut Karnick die Festanstellung verschafft haben soll, wurde das, so weit nachvollziehbar, erst in der ersten Dezemberwoche offiziell: zu einem Zeitpunkt, zu dem die Spiegelgate-Affäre im Hause längst gärte. Das fällt ihm nun auf die Füße.

Aber Karnick hat meiner Meinung nach recht. Alles andere wäre kein Neuanfang.
 
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