Ich finde das Framing der ganzen Nummer interessant. Abgesehen von der unseligen Causa Graichen, die Habeck aussitzen kann oder auch nicht, erweckt das Höchstmaß an medial geschürter Hysterie auf mich inzwischen den Eindruck, dass Union, FDP und entschiedene Energiewende-Gegner nur so empört aufjaulen, weil sich - oh Wunder! - gerade herausstellt, dass die Grünen sich ebenfalls unter Zuhilfenahme von Thinktanks und spezialisierten Instituten professioneller Strukturen bedienen. Wie sie in USA in der Parteienlandschaft gängig sind und natürlich auch hierzulande: Naiv zu meinen, das wäre nicht sowieso der Fall.
Aber wie gern hätte man es als entschiedener Grünen-Opponent doch anders: Grüne als naive Gutmenschen ohne Ahnung, alles nur Blümchen schwenkende Flower-Power-Kinder, Studienabbrecher, Low-Performer, und wenn sie vor ihrem Wechsel in die Politik erfolgreich in einem anderen Beruf waren, wirft man ihnen auch das vor (aktuell Habeck). Natürlich immer mit Hilfe des Boulevard, der jahrelang liebevoll entsprechende Bildchen ausmalte. Nun wird von ominösen Netzwerken orakelt, als wären Netzwerke an sich schon verwerflich und nicht, ansonsten gern propagiert, auch ein Schlüssel zum Erfolg.
Denn es stellt sich erstaunlicherweise heraus, dass die Grünen vorgehen wie andere Parteien, die ein Programm haben, auf Beratung, Expertise und vertraute Fachleute bauen. Diese Fachleute kennen sich untereinander, sind zum Teil befreundet. Und Leute wie Graichen haben sogar Geschwister, die auf einem ähnlichen Gebiet tätig sind. Aller Erfahrung nach können familiäre Häufungen in bestimmten Berufsgruppen aber durchaus vorkommen.
Manchmal verlieben sich sogar Menschen ineinander, die für das gleiche Thema glühen, darin aufgehen; einige davon heiraten sogar: Auch nicht ganz selten zu beobachten. Klar hat das was Erheiterndes, kann von Fall zu Fall natürlich auch Angriffsflächen bieten wie Graichens unglaublich dummes Verhalten, das ich getrennt von der medial gezeichneten Gesamtschau einordne. Aber insgesamt bitte mal die Kirche im Dorf lassen: Etliche Beispiele für personelle Verflechtungen, je nachdem auch als Filz bewertet, bot nicht nur die Bundespolitik schon weit vor diesem - für meine Begriffe wirklich aufgebauschten - "Grünen-Skandal". Was jetzt läuft, ist m.E. letztlich auch Ergebnis eines mehr oder minder gelungenen Framings interessierter Kreise.