Meinetwegen kannst Du kichern, so lange Du willst. Aber Tatsache ist (.. das Thema hatten wir, glaube ich, auch schon im Mauerfall-Thread), dass je nach Berechnungsmethode etliche Milliarden bis Billionen an Transferzahlungen von West- nach Ostdeutschland geflossen sind. Ein Großteil auch zu Lasten der Rentenkassen, weil ostdeutsche Rentner zwar oft länger gearbeitet, aber nicht in die westdeutschen Kassen eingezahlt hatten.
Das war im Einigungsvertrag so geregelt. Tatsache ist auch, dass der Arbeitslosigkeit im Osten 2004/05 im Schnitt bei mehr als 18 Prozent lag, regional teils noch erheblich darüber, und im Westen durchschnittlich zehn Prozentpunkte darunter. Was glaubst Du, wie das finanziert wurde?
Zwischenbilanz 2010:
"Zu bedeutsamen Teilen ist der innerdeutsche Einkommenstransfer der vergangenen zwei Jahrzehnte über die Sozialversicherungssysteme vollzogen worden: Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) beziffert den Finanztransfer von den alten in die neuen Länder für die Jahre 1991 bis 2003 allein im Rahmen der Renten- und Arbeitslosenversicherung auf 289 Milliarden Euro (Meinhardt/Zwiener 2005, S. 12). Wie in kaum einem anderen bekannten historischen Fall kam es im Zuge der deutschen Einheit zu einem Großversuch wohlfahrtsstaatlich organisierter – man mag auch sagen: sozialpolitisch erzwungener – Solidarität."
https://www.bpb.de/geschichte/deuts...tschen-einheit/47534/kosten-der-einheit?p=all
Von 2015, Auszug:
"Das Dresdner Ifo-Institut stellt in seiner Berechnung für den Zeitraum von 1991 bis 2013 den Transferleistungen von Ost nach West die Steuer- und Beitragseinnahmen gegenüber, die sich aus der Wiedervereinigung ergaben. Ein Großteil der Transferzahlungen, etwa 2,2 Billionen, floss in den Sozialbereich, etwa in die Rente. Die direkten und ausschließlichen Finanztransfers lagen bei etwa 560 Milliarden Euro. Darin enthalten sind Mittel aus wachstumsorientierten Programmen wie der Investitionszulage, dem Fonds Deutsche Einheit sowie dem Solidarpakt I und II. Weitere Zahlungen liefen über den Länderfinanzausgleich und allgemeine Bundesaufgaben wie Ministerien von Ost nach West. Alle Transferleistungen zusammengenommen belaufen sich laut ifo Institut auf 3,4 Billionen Euro. Dem gegenüber stehen 1,8 Billionen Euro an Steuer- und Beitragseinnahmen, die infolge der Wiedervereinigung zwischen 1991 und 2013 an den Staat gingen. Rechnet man die beiden Zahlen gegeneinander steht am Ende ein Nettotransfer von 1,6 Billionen Euro.[18]"
http://www.bpb.de/geschichte/deutsc...e-frage-nach-den-kosten-der-wiedervereinigung
Und falls sich jemand gerade anschicken will, Helmut Kohl zu verteidigen:
"Mitte der Neunzigerjahre befand sich Deutschland [...] in einer unbequemen Position: der Staatshaushalt in schlechtem Zustand, die Wettbewerbsfähigkeit ramponiert und der deindustrialisierte Osten als dauerhafter Transferempfänger am Tropf der westdeutschen Steuer- und Abgabenzahler."
Interessant insbesondere auch für
@Msane :
"Verschärft wurde das Problem dadurch, dass mit der - ebenfalls von Kohl und seinen Beratern ausgehandelten - Euro-Einführung die Wechselkurse in Europa festgeschrieben wurden. Deutschland fehlte die Möglichkeit, die Mark abzuwerten, um die Wirtschaft nach der Einheitsrezession schneller wieder in Gang zu bringen.
In Deutschland begann so eine neue Runde der Standortdebatte. Über Jahre wurde in der öffentlichen Debatte praktisch nur über Kostensenkung gesprochen, über niedrigere Lohnkosten oder niedrige Sozialabgaben. [...]
In der Krise nach dem Jahr 2000 sprachen selbst Gewerkschaftsvertreter von der Notwendigkeit, Kosten in Deutschland zu senken - dabei steigerte die deutsche Industrie damals schon längst wieder ihre Weltmarktanteile. In keinem anderen Industrieland außer Japan erhöhten sich die Löhne im folgenden Jahrzehnt so langsam wie in Deutschland." Und so weiter.
https://www.spiegel.de/wirtschaft/h...he-bilanz-des-einheitskanzlers-a-1152571.html
Kann man zur Kenntnis nehmen oder es lassen, aber ich halte nichts davon, allgemeine Betrachtungen losgelöst von politischen Ursachen anzustellen. Dass H4 shice ist, ist längst klar. Und dass das Rentensystem ebenfalls verändert gehört, weil es ansonsten auf Dauer zusammenbricht. Ein bisschen Kosmetik durch die Grundrente, die obendrein von AKK & ihren Parteifreunden der sog. Werteunion schon bei leisen Lüftchen wieder zur Disposition gestellt wird, bringt's natürlich nicht.
Aber wer zum Beispiel erwartet, dass die SPD den Niedriglohnsektor im Alleingang abschaffen und Mindestlöhne auf 12 € festlegen kann, hat irgendwie noch nicht verstanden, wie die GroKo funktioniert. Was sie wollen und in den Koalitionsvertrag schreiben und was hinterher dabei herauskommt, sind zwei Paar Schuhe.