Antisemitismusvorwurf gegen Günter Grass

naumburger

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AW: Antisemitismusvorwurf gegen Günter Grass

Hat es G.G. also mal wieder in die Schlagzeilen geschafft. Als die Meldung heute Morgen verbreitet wurde dachte ich: "Hat der ein neues Buch am Start und die Buchmesse verpasst?" Über den Tag hinaus dürfte sein Artikel kaum Bedeutung haben. Herr Broder und die üblichen Verdächtigen haben sich pflichtgemäss aufgeregt, ebenfalls ihre Schlagzeile bekommen und die Agenturen hatten Arbeit.
Auf Konflikt Israel / Iran hat das eher keinen Einfluss.

Ich könnte jetzt auch fragen :Wer ist Günter Grass :?: Er ist ein "Alter Mann", der im Gespräch bleiben möchte :wink: Ich würde in diesen hohen Alter mein Leben ruhiger gestalten :!:
Er ist einer von ca 80 Mio. Bürgern dieses Landes und etwas bekannter als Tante Frieda oder Onkel Fritz in Kleinschönewitz.:lol:
 

santiago

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AW: Antisemitismusvorwurf gegen Günter Grass

Das Einreiseverbot ist nicht genug. Der israelische Innenminister Eli Jischai verlangte jetzt auch noch im israelischen Rundfunk, Grass den Literaturnobelpreis abzuerkennen.

http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,826349,00.html

Jetzt machen sie sich endgültig lächerlich. :rolleyes:

Man muss einfach wissen, dass man die allermeisten Länder ob USA, EU, Schweiz usw. kritisieren darf.
In Demokratien ist dies nicht nur erlaubt, sondern man wächst damit.
In Diktaturen ist dies aber verboten.

Übt man aber nur einen einzigen Buchstaben in Israel an Kritik aus, wird lauthals "Antisemitismus" vorgeworfen.

Ich bewundere Grass, dass er den Finger darauf gelegt hat und seine Meinung öffentlich kund getan hat.
Ob Israel Atomwaffen hat, darüber schweigt das Land. Warum eigentlich ?
Dem Iran wird es aber verboten.

Würde eine solche Frage bezüglich Atomwaffen in Israel, den auch als Antisemitismus ausgelegt ?

Das Grass jetzt ein Einreiseverbot in Israel kriegt und man ihm noch den Literaturnobelpreis aberkennen will, hat mit einer Demokratie nichts zu tun.

Meine Zeilen verbunden mit meiner Meinung sollen aber nicht antisemitistisch aufgefasst werden.
 
P

pauline09

Guest
AW: Antisemitismusvorwurf gegen Günter Grass

Man muss einfach wissen, dass man die allermeisten Länder ob USA, EU, Schweiz usw. kritisieren darf.
In Demokratien ist dies nicht nur erlaubt, sondern man wächst damit.
In Diktaturen ist dies aber verboten.

Übt man aber nur einen einzigen Buchstaben in Israel an Kritik aus, wird lauthals "Antisemitismus" vorgeworfen.

Das ist, mit Verlaub, insofern nicht richtig, als dass in Israel selbst wesentlich gelassenere Stimmen als ausgerechnet die der israelischen Regierung zu Wort kommen und Grass verteidigen. Der israelische Historiker Tom Segev zum Beispiel kritisierte gestern in einem Interview, das Einreiseverbot sei ein "alberner und zynischer Beschluss":

SPIEGEL ONLINE: Herr Segev, Israels Innenminister Eli Jischai hat Günter Grass wegen seines Gedichts "Was gesagt werden muss" zur Persona non grata erklärt und ein Einreiseverbot verhängt. Das Gedicht habe darauf abgezielt, "das Feuer des Hasses auf den Staat Israel und das Volk Israel anzufachen", so Israels Innenminister laut seines Sprechers. Ist ein Einreiseverbot der richtige Umgang mit einem Schriftsteller?

Segev: Das ist ein absolut zynischer und alberner Schritt des Innenministers. Und das Fatale daran ist: Er rückt Israel so in die Nähe fanatischer Regime - wie etwa Iran, Ländern, zu denen wir absolut nicht gehören wollen. Menschen nach ihrer politischen Meinung zu fragen, bevor sie einreisen, ist Zensur. In Israel herrscht eine sehr freie und offene Atmosphäre, jeder darf seine Meinung äußern. Im Übrigen ist mir nicht bekannt, dass Grass vorgehabt hätte, nach Israel zu reisen.

SPIEGEL ONLINE: Was ist die Motivation hinter dem Einreiseverbot?

Segev: Es geht darum, sich im politischen Entrüstungswettbewerb zu überbieten. Die Kabinettsmitglieder konkurrieren darum, wer am extremsten ist. Jeder will sich als Verteidiger der nationalen Interessen profilieren. Für den Innenminister ist es der Versuch, seine politische Zukunft zu sichern.

Hier geht's weiter im vollen Wortlaut.

Auch die liberale Tageszeitung 'Haaretz' springt dem geschmähten Dichter zur Seite. Die Israelis könnten sich über ihn aufregen, aber sie müssten ihm zuhören, schrieb Gideon Levy in einem sehr lesenswerten Kommentar. Und heute wirft 'Haaretz' der Regierung mit scharfen Worten vor, sie habe hysterisch überreagiert: Die Entscheidung, Grass wegen eines Gedichts nicht mehr ins Land zu lassen, sei charakteristisch für finstere Regime wie das im Iran oder in Nordkorea.

Zitat von santiago:
Das Grass jetzt ein Einreiseverbot in Israel kriegt und man ihm noch den Literaturnobelpreis aberkennen will, hat mit einer Demokratie nichts zu tun.

Nee, hat es auch nicht, aber das sehen israelische Kommentatoren ja genau so. Während in deutschen Sonntagsblättern (vornehmlich des Springer-Konzerns) nochmal ordentlich nachgetreten wurde und wird. Das hat zwar auch was von Hysterie, aber das merken die Betreffenden vermutlich längst nicht mehr, gehört die unbedingte Solidarität mit Israel doch zu den ehernen Statuten des Axel-Springer-Verlags. Insofern verwundert's auch nicht.

P.S. Ergänzt sei das Meinungspotpourri noch um einen interessanten Beitrag von Jakob Augstein, Verleger des "Freitag", der vor wenigen Tagen sinngemäß schrieb, Grass habe sich zwar zum Teil was zurechtgesponnen und Unfug geschrieben, aber er sei weder Antisemit noch ein deutscher Geschichtszombie. Und zu Grass' Message selbst meint Augstein: "Es musste gesagt werden".
 

santiago

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AW: Antisemitismusvorwurf gegen Günter Grass

Hallo Pauline 09

Danke für deinen ausführlichen Bericht und die damit verbundene Arbeit. Das es auch andere Stimmen gibt in Israel habe ich schon auch angenommen.
Übrigends auch in unserer Verwandtschaft haben wir noch einen jüdischen kleinen Familienzweig, welcher nicht die Meinung der Regierung in Israel vertritt.

Aber offiziell gilt ja immer nur, was die Regierung auspricht und diese hat Grass zur persona non grata erklärt. Und so hoffe ich, dass diese nicht noch einen grossen Krieg anzetteln werden - den es trifft in der Regel meistens nur unschuldige Menschen.
Genau so unschuldig war die Schwester (eine Hilfsarbeiterin) der Grossmutter (jüdischer Familienzweig) meiner Frau, welche unschuldig im KZ vergast worden ist.
 

alterali

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AW: Antisemitismusvorwurf gegen Günter Grass

Ich könnte jetzt auch fragen :Wer ist Günter Grass :?: Er ist ein "Alter Mann", der im Gespräch bleiben möchte :wink: Ich würde in diesen hohen Alter mein Leben ruhiger gestalten :!:
Er ist einer von ca 80 Mio. Bürgern dieses Landes und etwas bekannter als Tante Frieda oder Onkel Fritz in Kleinschönewitz.:lol:

Für mich geht es nicht, nie darum, wer oder warum einer etwas sagt. es geht immer um die nackte Aussage.

Auch bei einem Künstler, für den man Grass allgemeinhin hält, ist es völlig unerheblich, was seine Motivation für sein Werk war.

Mir ist es egal, ob Morgensterns "Fisches Nachtgesang" eine Jugendsünde war, oder ein Demenzprodukt.

Auch hier im Forum überlege ich nicht, der nu wieder!, sondern eher, was heißt das jetzt.
 

kilicaslan

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AW: Antisemitismusvorwurf gegen Günter Grass

Das Einreiseverbot ist nicht genug. Der israelische Innenminister Eli Jischai verlangte jetzt auch noch im israelischen Rundfunk, Grass den Literaturnobelpreis abzuerkennen.

http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,826349,00.html

Jetzt machen sie sich endgültig lächerlich. :rolleyes:

ich denke das hat auch was mit der Einstellung der Israilis zu tun. Sie sehen sogut wie alle Deutscher als nazis, selbst wenn man kein deutscher ist.

Ein bekannter der als Techniker bei einem Weltweit bekannten firma arbeitet hatte mal erzählt dass er nach Israil fliegen musste um eine Maschiene dort zu reparieren. Im Zoll , als man sein deuschen Pass sah, hat man ihn gefragt ob er eine Nazi wäre. Er meinte, das er kein Nazi ist.. Dann hatte man ihn unterstellt dass seine Eltern Nazis sind, . Oder seine Großeltern. Er meinte er sei Pole, mit einem deutschen Pass und in Deutschland lebt.

Ich denke es geht nicht wirklich darum was Herr Grass inhaltlich gesagt hat. Sobald die Israilis ein Kritik aus Deutschland hören werfen sie sofort antisemitismus vor.

Wenn die mal mit Objektivität an die Sache gehen und den Artikel so lesen würden, bin ich mir sicher dass sie dem Grass verstehen werden sogar eventuel auch Recht geben werden.
 

Lynx72

Gesperrt
AW: Antisemitismusvorwurf gegen Günter Grass

In der Taz ist ein wütender Kommentar des israelischen Soziologen und Historikers Moshe Zuckermann erschienen, in dem er sich dagegen wendet, dass jeder Kritiker der israelischen Politik mit dem Antisemitismusvorwurf zum Schweigen gebracht werden solle. Zuckermann führt einen Rundumschlag gegen die israelische Regierung, den Zentralrat der Juden in Deutschland und "bestimmte, in Deutschland lebende jüdische Intellektuelle".

Hier ein Auszug. Den ganzen Text kann ich aus Gründen des Urheberrechts nicht einstellen. Quelle: http://www.taz.de/Debatte-Guenter-Grass/!91171/


Der inflationäre Gebrauch des Begriffs (Antisemitismus) hat bereits dermaßen zu seiner Banalisierung beigetragen, dass er sein ursprüngliches emanzipatives Aufklärungspotenzial nahezu vollends zugunsten interessengeleiteter, perfider Diffamierungstaktiken und -strategien eingebüßt hat. Nichts schadet der Bekämpfung des realen Antisemitismus mehr als diese entstellt-entstellende Nomenklaturorgie. In Deutschland ist sie mittlerweile zum zentralen Faktor der Degeneration der öffentlichen Debatte im Hinblick auf alles, was „Juden“, „Israel“ und den „Zionismus“ belangt, avanciert.
Gesinnungskomplizen des Zentralrats der Juden

Was dabei vergessen wird, ist die Verbandelung, die man zwangsläufig eingeht, wenn man sich solch diffamierender Benennungspraxis verschreibt. Man befindet sich nämlich in einem Boot mit faschistischen Siedlern in den von Israel besetzten Gebieten, die sich der Unterstützung seitens der reaktionärsten islamophoben Kräfte in Europa und den USA erfreuen dürfen; mit israelischen Alltagsrassisten, die jede Verurteilung ihres menschenverachtenden Denkens und Handelns „von außen“ mit dem Antisemitismus-Vorwurf parieren; mit dem gegenwärtigen Premierminister Israels, der wie wenige in letzter Zeit dazu beigetragen hat, die Schoah-Erinnerung instrumentalisierend zu besudeln, um seine Okkupationspolitik umso ungehinderter betreiben zu können; mit Ariel Scharon, einem seiner Vorgänger, der schon vor Jahren postulieren zu dürfen meinte, dass alle aus Europa kommende Kritik an der von ihm mit besonders schädlicher Emphase betriebenen Siedlungspolitik im Westjordanland zwangsläufig antisemitisch sei.

Man ist aber auch objektiv Gesinnungskomplize des Zentralrats der Juden in Deutschland, der sich inzwischen wohl als Zweigstelle der israelischen Regierung beziehungsweise ihrer Botschaft in Deutschland begreift, mithin jede noch so horrende Politik Israels blind absegnet und mit unreflektierter Verve vertritt.

Gar nicht zu reden von gewissen in Deutschland lebenden jüdischen Intellektuellen, die ihren Judenbonus und die Furcht von Deutschen, als Antisemit apostrophiert zu werden, so perfekt ausgereizt haben, dass sie eine Hegemonialstellung erlangt haben bei der Herstellung von „jüdischen“ Denkimperativen und ein Anrecht auf Einschüchterung von jedem, der sich ihren reaktionären Interessen und ihrem ideologischen Ansinnen in den Weg stellt.
 
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