Brexit - das Phantom

Alubehütet

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Ich erinnere mal daran, daß Theresa May nach EU-Auffassung immer noch das Recht / die Vollmacht hat, den Prozess zu rebooten, heißt: Den Ausstieg zurückzuziehen. Einen Ruf zu verlieren hat sie ohnehin nicht mehr.
 

Mendelssohn

Well-Known Member
Ich erinnere mal daran, daß Theresa May nach EU-Auffassung immer noch das Recht / die Vollmacht hat, den Prozess zu rebooten, heißt: Den Ausstieg zurückzuziehen. Einen Ruf zu verlieren hat sie ohnehin nicht mehr.
Alu, Theresa May is done! Von ihr wird nichts kommen.
Boris Johnson wird den Brexit nicht durchsetzen, weil er auch für den harten Brexit keinen Plan hat (es sei denn, er denkt daran das Königreich der EX-Kolonie auszuliefern, wofür nach Rücktritt des britischen USA-Botschafters wohl keine Mehrheit bei den Tories zu finden ist).
Was bleibt, sind Neuwahlen, um ein neues Referendum auf den Weg zu bringen, vielleicht zu der Frage, ob der Ausstieg aus der EU per Volksabstimmung beschlossen werden sollte.
(Den Eintritt kann jedes Land beschließen, wie es will, der Austritt sollte dagegen durch EU-Verfahrensregeln normiert sein, auch mit Blick auf die die jeweilige nationale Entscheidungsfindung).
 

eruvaer

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Solche Entscheidungen sollten einfach nicht mit einer knappen Mehrheit beschlossen werden. Das ist mMn grob fahrlässig.
51-56% von denen die zur Wahl gegangen sind, was ist das schon? 50/50. Sonst nix.
2/3 Mehrheit von einer wild entschlossen Wählerschaft oder nix ist. Wenn sich die nicht findet, ist der Wunsch offenbar nicht gross genug.
 

Alubehütet

Well-Known Member
Ich finde 55% auch schon deutlich. Aber alles drunter ist: Wir sind uns da auch nicht einig, und geben das Mandat an die Politiker zurück.

Unter 52% ist Tageslaune. Die zufälligen politischen Themen der letzten zwei Wochen – fünf Asylanten sind über eine blonde Engländerin hergefallen –, oder auch, nöö, ich geh nicht wählen, viel zu schönes Wetter, laß uns rausfahren. Das ist nicht Volkes Wille, der hätte sich zwei Wochen vorher oder nachher auch anders geäußert.
 

Alubehütet

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(Den Eintritt kann jedes Land beschließen, wie es will, der Austritt sollte dagegen durch EU-Verfahrensregeln normiert sein, auch mit Blick auf die die jeweilige nationale Entscheidungsfindung).
(Den Raustritt gleich mit normieren. Auf Ungarn habe ich mich ja eingeschossen. Ohne Raustrittsrecht kein Beitritt der Türkei. Wenn sie unter Präsident İmamoğlu beitritt, wollen wir wissen, wie wir sie unter Erdogan Jr. wieder loswerden.)
 

Mendelssohn

Well-Known Member
Von Theresa May kann auch nichts kommen, sonst wäre ja wenigstens ansatzweise irgendetwas gekommen. Ok, nachdem Corbyn seine Wende nun vollzogen hat, könnte sie es ihm gleichtun, und mit vereinten Kräften könnten sie den Exit vom Brexit vor Ende ihrer Amtszeit verkünden bzw. das Aussetzen der Brexitentscheidung bis zu einem neuen Referendum, das allerdings an exakte Pläne für Verbleib oder Austritt gebunden wäre.
Es wäre eine Chance, über Formalia den Stillstand der britischen Politik aufzuheben, aber ich bezweifle den politischen Willen der Tories.
Vielleicht geht Johnson einen ganz anderen Weg: er bleibt in der EU, aber zu Konditionen als hätte es einen Brexit gegeben. Dann hätte sich der ganze Zirkus doch noch gelohnt und man würde banktechnisch nicht ganz vom goodwill der Ex-Kolonie abhängen. Kein echter Tory würde je einem Trump und seinen Versprechungen über den Weg trauen.
 

Mendelssohn

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(Den Raustritt gleich mit normieren. Auf Ungarn habe ich mich ja eingeschossen. Ohne Raustrittsrecht kein Beitritt der Türkei. Wenn sie unter Präsident İmamoğlu beitritt, wollen wir wissen, wie wir sie unter Erdogan Jr. wieder loswerden.)
Also die EU ist kein Wunschkonzert. Um beizutreten, müssen rechtsstaatliche, demokratische und in gewisser Weise auch ökonomische Bedingungen erfüllt werden. Erst das Einhalten dieser Voraussetzung macht einzelne Staaten zu Vertragspartnern. Ist der Vertrag auf dieser Grundlage geschlossen, kann man ein Mitglied nicht deshalb ausschließen, weil gerade mal ein Nationalist, Populist oder sonstiger Geier in Position ist, solange im Grundsatz Demokratie herrscht. Verstöße können mit Rechnungen oder dem Aussetzen von Zuwendungen geahndet werden, so dass die Chance auf politische und rechtsstaatliche Balance recht hoch ist - insgesamt betrachtet.
UK hatte schon immer Probleme mit der EU, die sie als deutschfranzösisches Projekt sieht - auch gegen den Commonwealth und die privilegierte Partnerschaft mit den USA. UK trat bei, weil das Königreich seine Rezession und Arbeitslosigkeit nicht in den Griff bekam. Zu glauben, dass jene Probleme nicht wieder auftauchen, wenn die EU als Inland ausfällt, ist mehr als naiv.
Im Fall von UK geht es nicht wie im Fall der Türkei um die Klärung von Grundvoraussetzungen für die EU-Mitgliedschaft, sondern darum, ob UK sich einen eigenen Wirtschaftsraum zutraut, dessen Kreditwürdigkeit am (seidenen) Faden binationaler Verträge hängt. In solchen Verträgen, sind so viele Rücktrittsklauseln, dass auf ihrer Grundlage kaum eine wirtschaftliche Langzeitperspektive erstellt werden kann. Ohne Langzeitperspektive wird es in Zeiten wie diesen aber auch an der Börse schwierig.
 

Alubehütet

Well-Known Member
Also die EU ist kein Wunschkonzert. Um beizutreten, müssen rechtsstaatliche, demokratische und in gewisser Weise auch ökonomische Bedingungen erfüllt werden. Erst das Einhalten dieser Voraussetzung macht einzelne Staaten zu Vertragspartnern. Ist der Vertrag auf dieser Grundlage geschlossen, kann man ein Mitglied nicht deshalb ausschließen, weil gerade mal ein Nationalist, Populist oder sonstiger Geier in Position ist, solange im Grundsatz Demokratie herrscht.
Tut es das denn noch in Ungarn? Ich lese nicht wenige Stimmen, die sagen, so wie Ungarn heute verfaßt ist, hätten sie keine Chance, in die EU aufgenommen zu werden.

Sowohl für die Aufnahme eines Landes gilt das Einstimmigkeitsprinzip wie für Sanktionen. Ungarn und Polen können sich also gegenseitig decken, und tun es. Das ist eine idealistische Fehlkonstruktion.

Es geht mir nicht um die Herrschaft von Rechtspopulisten. Es geht mir darum, daß sowohl der größte Teil der Medien von ihnen beherrscht wird wie die Justiz. Eine Sache, wenn die AfD bei uns den Kanzler stellte. Eine ganz andere, wenn sie den öffentlich-rechtlichen Rundfunk umwandelte in einen Staatsrundfunk. Und ihnen auch noch über Mittelsmänner Bertelsmann (RTL) und Springer untertan wäre.
 

Mendelssohn

Well-Known Member
Tut es das denn noch in Ungarn? Ich lese nicht wenige Stimmen, die sagen, so wie Ungarn heute verfaßt ist, hätten sie keine Chance, in die EU aufgenommen zu werden.
Es müsste heißen: so wie Ungarn seine Verfassung zur Zeit interpretiert, gäbe es kaum Chancen für einen Beitritt.
Orban war m. E. (trotz k und k und dem ganzen Scheiß) nicht vorauszusehen (im Unterschied zu einem Boris Johnson), und er wird auch nicht das letzte Wort in Ungarn haben, genausowenig wie Erdogan in der Türkei. Wie rapide Macht schwinden kann, sieht man am Beispiel Merkels: von heute auf morgen. Bis zur ersten Tremor-Attacke galt sie als mächtigste Frau der Welt.
Am Ende wird es auch Putin treffen, wenn das erste Bild eines alternden Oberkörpers oder implantierten Hörgeräts auftaucht. In dem Augenblick bricht vermutlich der ganze Ex-Ostblock-Neo-Nationalismus zusammen wie der Freundeskreis des Panslawismus, Brexismus und Trumpismus.
 
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