Brexit - das Phantom

Bintje

Well-Known Member
Hypothetisch: einige Subgesetze zum Brexit werden verabschiedet, andere nicht. Dann ist Boris und seine Brexiters verfahrenstechnisch nicht einen Schritt weiter. Man kann verfahrenstechnisch nicht den zweiten Schritt vor dem ersten machen.

Doch, das kann man sehr wohl. Muss man sogar, nach Letwins Logik. Alu hat völlig recht: Alle Details des Abkommen mit der EU gelten in Großbritannien überhaupt nicht, wenn sie nicht vom Premier ratifiziert werden. Und wie wenig kooperativ der ist, wie wenig er sich als erster Diener des Staates begreift, konnte man zuletzt dieser Tage beim Theater um das Verlängerungsgesuch bei der EU bestaunen.
Dazu kommt (so argumentierte Letwin), dass das Ratifizierungsgesetz durch zwei Lesungen im Unterhaus muss, was verfahrenstechnisch sehr viel länger dauert als die Annahme oder Ablehnung des Abkommens mit der EU, so weit ich es begriffen habe. Insofern ist das Ratifizierungsgesetz sogar der erste Schritt vor dem zweiten.

Sie haben nix von einem Deal, wenn BoJo hinterher drauf pfeift und sich womöglich darauf zurückziehen könnte, dass er nach britischem Recht nicht verpflichtet sei, dies, das und jenes umzusetzen. Wäre zwar völlig grotesk, aber de facto ein No Deal und Johnson durchaus zuzutrauen.

M. E. hat Mr. Order! Boris kalt gestellt.

Jep, hat er. Heute. Aber ich erinnere sehr genau, dass May ebenfalls auf Granit biss, als sie entgegen der mehrheitlichen Ablehnung ihres Deals im Unterhaus nochmal in gänzlich unveränderter Form darüber abstimmen lassen wollte. Einfach so lange wählen lassen, bis das Ergebnis passt, läuft halt nicht. Und Johnson hat offenbar gar nichts aus den Fehlern seiner Vorgängerin gelernt, sonst hätte er's nicht mit dem gleichen Trick versucht.
Was in meinen Augen zeigt, dass er zwar gerissen, aber ansonsten nicht die hellste Kerze auf der Torte ist. ^^
 

Bintje

Well-Known Member
Dieses wunderbare Stückchen erreichte mich heute, das kann ich Euch unmöglich vorenthalten:

"How England plans to leave the EU" :D


Unendliche Verabschiedungen und dann ein Loch im Reifen ... pffffft ...
 

Mendelssohn

Well-Known Member
Alle Details des Abkommen mit der EU gelten in Großbritannien überhaupt nicht, wenn sie nicht vom Premier ratifiziert werden.
Soweit sind wir noch lange nicht. Heute geht es erst einmal um den Zeitplan. Und der von Boris vorgelegte Zeitplan zur Abstimmung des Gestzespakets stimmt wohl nicht mit den parlamentarischen Regularien überein:
"Während der Premierminister bessere Chancen hat, die Abstimmung zum Meinungsbild zu gewinnen, könnte ihm die Mehrheit für den Zeitplan fehlen. Unter anderem überlegen nach britischen Medienberichten die zehn Abgeordneten der DUP, gegen den straffen Zeitplan Johnsons zu stimmen, der das 110 Seiten starke Gesetz mit zahlreichen Querverweisen auf weitere Bestimmungen in nur drei Tagen durchboxen will.
Kritik war daran zuvor auch von Labour und der schottischen SNP gekommen. Nach BBC-Informationen überlegen auch Rebellen aus Johnsons eigener konservativer Tory-Partei, ihren Regierungschef im Stich zu lassen. Normalerweise gilt für solche Vorhaben eine Mindestdauer von 21 Tagen für den parlamentarischen Prozess. Die Kritiker machen geltend, in drei Tagen seien die Implikationen des Gesetzes nicht zu erfassen."
https://www.spiegel.de/politik/ausl...ruecknahme-des-brexit-gesetzes-a-1292761.html
Wenn Johnson die Formalia, also ein regelgerechtes Procedere nicht hinkriegt, dann reicht es nur noch zum Rücktritt, der auch nicht automatisch zu Neuwahlen führt, wenn sich die Tories auf einen neuen Chef einigen.
Aufgeschoben ist der Brexit ja schon, wenn auch ohne Unterschrift. :)
 

Bintje

Well-Known Member
(...)Wenn Johnson die Formalia, also ein regelgerechtes Procedere nicht hinkriegt, dann reicht es nur noch zum Rücktritt, der auch nicht automatisch zu Neuwahlen führt, wenn sich die Tories auf einen neuen Chef einigen.
Aufgeschoben ist der Brexit ja schon, wenn auch ohne Unterschrift. :)

Johnson will nun Neuwahlen für den 12. Dezember, wofür es eine Zweidrittel-Mehrheit im Parlament braucht und schreibt an Corbyn, das jetzige Parlament habe sich "geweigert, Entscheidungen zu treffen".

Er irrt sich. Das Parlament HAT entschieden, nur eben nicht so, wie er sich das vorstellte. ;)

Dass er jetzt die Karte mit den Neuwahlen zieht, war vorhersehbar. Es ist leider nicht sehr wahrscheinlich, aber ich hoffe, das Ergebnis dieses Manövers verhagelt ihm das Weihnachtsfest.
 

Bintje

Well-Known Member

Noch nicht. ;)
Das soll sich erst heute entscheiden. Johnson braucht dafür eine Zweidrittel-Mehrheit im Parlament.

Corbyn hat sich bisher geziert und wollte erst wissen, was mit dem Brexit-Verlängerungsantrag in Brüssel passiert.
Dem Mann kann geholfen werden. Die EU hat entschieden: die Verlängerungsfrist läuft bis zum 31. Januar 2020.
https://www.spiegel.de/politik/ausl...-verlaengerung-bis-ende-januar-a-1293657.html
https://www.manager-magazin.de/poli...ung-boris-johnson-will-neuwahl-a-1293625.html

Zitat:
Der frühere Labour-Premierminister Tony Blair forderte seine Partei auf, dafür zu sorgen, dass ein No-Deal-Brexit komplett vom Tisch sei, bevor man einer Neuwahl zustimme. Das gelte auch für den Fall, dass nach einem Austritt die Verhandlungen für ein Handelsabkommen mit der EU scheitern könnte. Viele in Großbritannien befürchten, dass Johnson für diesen Fall einen No-Deal-Brexit durch die Hintertür im Jahr 2020 einleiten könnte. Labour-Parteichef Jeremy Corbyn warf Johnson vor, dieser plane, Großbritannien zu einem Niedrigsteuer-Land am Rande der EU zu machen.

Die oppositionellen Liberaldemokraten boten am Sonntag gemeinsam mit der SNP an, eine Neuwahl am 9. Dezember zu unterstützen, wenn es gleichzeitig eine Brexit-Verlängerung bis zum 31. Januar gibt. Die drei Tage frühere Wahl würde Spekulationen zufolge die Beteiligung von deutlich mehr Studenten garantieren, die in der Mehrheit pro-europäisch wählen. Dem Vorschlag Johnsons für Neuwahlen am 12. Dezember sei nicht zu trauen. "Dies ist ein Mann, der nicht tut, was er sagt", sagte die liberaldemokratische Parteichefin Jo Swinson.

Jetzt warte ich noch, was Donnerstag/Freitag passiert. Wahrscheinlich sucht Johnson noch einen medientauglichen Graben, in den er sich bis dahin einbuddelt.

Der Postillon hatte letztens einen charmanten Vorschlag, der die Sache entscheidend verkürzen dürfte. ^^

Weil es so einfacher ist: Alle Länder außer Großbritannien treten aus EU aus und gründen neues Bündnis

:D ;)
 

Berfin1980

Well-Known Member
Gute Idee :D

Sonst wird es dann so kommen :rolleyes:

EH84JzZW4AAtL0o


Der wandert nach Monaco aus :rolleyes:

Sir Jim Ratcliffe: UK's richest man and ardent Brexiteer is moving to Monaco

Link
 

Mendelssohn

Well-Known Member
Ob es Neuwahlen gibt, soll heute um 20 Uhr entschieden werden.
Der Termin wurde kurzfristig von 18 Uhr auf 20 verschoben. Was sagt uns das? Die Mehrheit für Neuwahlen scheint noch nicht zu stehen.
Hinzu kommt eine seltsame Fehleinschätzung der Lage durch Johnsohn: er beschuldigt die EU der Brexit-Verzögerungen und der Beschädigung der britischen Demokratie.

"Ich muss meine Sichtweise klar machen, dass diese ungewollte Verzögerung der britischen EU-Mitgliedschaft unsere Demokratie und die Beziehung zwischen uns und unseren europäischen Freunden beschädigt", schrieb Johnson in dem Brief an Tusk. Er warnte die EU zudem vor einer weiteren Verschiebung."

https://www.focus.de/politik/auslan...xit-aufschub-bis-ende-januar_id_11283180.html

Wenn ich Unterhaus wäre, würde ich den Brexitern nicht die Flucht in Neuwahlen ermöglichen. Die Tories haben regulär noch drei Jahre Zeit den Brexit zu vollziehen und ihr eigenes Grab zu schaufeln. Die Chance sollte man ihnen lassen.
 
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