Brexit - das Phantom

Mendelssohn

Well-Known Member
Die Tragödie ist, dass die Labour-Partei von dem 80er-Jahre Fossil Jeremy Corbyn geführt wird, der die EU immer schon hasste und jetzt keinen Wahlkampf gegen den Brexit macht.
Dein Post ist von 2017.
Heute, also ca. 2,5 Jahre später, las ich, das Blaire Labour genau dafür kritisierte: mit einem Typen ins Rennen zu gehen, der im Grunde seines britischen Herzens auch für den Brexit ist, und dies zweimal. Man habe aus der ersten Schlappe nichts gelernt.
Blaire wurde ja häufig als Bush's pudel karikiert. Corbyn, hat es als Oppositionsführer zu Trump's pudel geschafft, ohne ins Weiße Haus je eingeladen zu werden. Sein Rücktritt kommt zwei Jahre zu spät.
https://www.en24.news/2019/12/jeremy-corbyn-announces-retreat-as-labor-party-leader-2.html
 

EnRetard

Well-Known Member
Vor zwei Jahren fuhr Labour unter Corbyn ein deutlich besseres Ergebnis ein als 2015 unter Ed Milliband. Er wurde zweimal von der Basis gewählt, die die Blairites nicht mehr wollte, weil sie den neoliberalen Kurs als Verrat an den Werten der Partei begriff. Es wird auch jetzt keinE Blairite Vorsitzende R. Die Vorsitzenden-Wahl wird interessant.
 

Alubehütet

Well-Known Member
Das hat leider nichts mit moralischer Integrität zu tun, sondern mit einer wenig homogenen Anhängerschaft. Ich denke nicht, dass Remainer wie Keir Starmer, David Lammy, Emily Thornberry etc. bessere Ergebnisse eingefahren hätten. Noch mehr Stimmen in London, vielleicht drei Sitze in Schottland, aber in den Leave-Hochburgen im Norden ein noch größeres Desaster. Die gespaltene Wählerschaft von Labour machte die Niederlage fast unausweichlich.
Das findet man ja in vielen Analysen nicht nur betreffend des UK: Die Sozialdemokratie sei ein Bündnis von Arbeitern, die eine arbeiterfreundlichere Wirtschafts- und Sozialpolitik wollten als die unternehmerfreundlicheren Konservativen, und einem linksliberalen Bürgertum, das progressiver sei in Sachen Frauen-, Minderheitenrechte usw. als eben die Konservativen, und dieses Bündnis zerbreche zunehmens.

Wenn es aber so ist, daß in absoluten Zahlen die Briten Brexit-Gegner gewählt haben, oder aber zumindest solche, die ein zweites Referendum befürwortet hatten: Warum hat sich Labour nicht an deren Spitze gestellt? Die Brexit-Anhänger in der eigenen Wählerschaft möglicherweise verloren, aber den Brexit-Gegnern aller Lager eine reale Machtoption geboten? Wie kann ich überhaupt mir den Luxus leisten, zur wichtigsten Schicksalsfrage auf Jahrzehnte keine Meinung zu haben, um etwaige Wähler nicht zu verprellen?
 

Mendelssohn

Well-Known Member
Wie kann ich überhaupt mir den Luxus leisten, zur wichtigsten Schicksalsfrage auf Jahrzehnte keine Meinung zu haben, um etwaige Wähler nicht zu verprellen?
Das war Blaires Kritik. Die Meinungslosigkeit von Labour hat der europäischen Sozialdemokratie insgesamt geschadet.
Nun wurde heute mehrheitlich der Brexit beschlossen, angeblich auch der bisher auf dem Tisch liegende letzte Vertrag mit der EU. Also ohne Nachverhandlungen?
Good luck!
 

Mendelssohn

Well-Known Member
Da kann ich doch nichts für, wenn Blair mal meiner Meinung ist! :confused::eek:
Wenn man gegen den von Blair und Schröder vertretenen zweiten oder dritten Weg der Sozialdemokratie ist, also gegen das Bündnis des Sozioalstaats mit dem Markt - eigentlich eine CDU-Erfindung - kann man Blair natürlich auch als Wegbereiter des Brexit tadeln, da er die Arbeiterschaft und Gewerkschaften schwächte, allein dadurch, dass er die Unternehmen einem globalen Wettbewewerb unterstellte und damit einen Haufen einzahlender Mitglieder in Gewerkschaft und Partei verlor. So gesehen ist die schwache Sozialdemokratie der Totengräber Europas. Sie beförderte einen sozialen Abstieg des Arbeiters, so dass die alte internationale Solidarität nur noch als ein Luxusartikel erschien, der durch einen "gesunden Egoismus" zu ersetzen war. "Fremdarbeiter" wurden auf einmal als Ursache des Lohndumpings identifiziert.
Wenn Johnson nicht die abgestiegene Arbeiterschaft durch falsche Versprechungen erreicht hätte, gäbe es keine Mehrheit für den Brexit. Dass falsche Versprechungen geglaubt wurden, ist Schuld der Sozialdemokratie, die, als sie am Tisch der Macht saß, ihren Bildungsauftrag sträflich vernachlässigte. In UK offenbar noch mehr als in der Bundesrepublik.
 

EnRetard

Well-Known Member
Labour hat das nicht "vermasselt", sondern gar nicht erst versucht. Die Partei hat keine eindeutige Position zum Brexit. Corbyn wollte allen Ernstes im Norden von England Brexiteers einsammeln und in London Remainer.
 

Alubehütet

Well-Known Member
Corbyn wollte allen Ernstes im Norden von England Brexiteers einsammeln und in London Remainer.
Einsammeln ... er hat sie wohl beide nicht verprellen wollen. Und damit beide verprellt.

Zumal er selber ja vorsichtig eher Pro-Brexit war. Die EU hat gegenwärtig eine verpflichtende neoliberale Agenda. Die Hoffnung war, raus aus der EU jetzt vielleicht nicht gerade den Sozialismus einführen zu können, aber so in die Richtung.
 

EnRetard

Well-Known Member
Dieser Beitrag im Observer dürfte David Lammys Bewerbungsrede um den Labour-Vorsitz sein. Er übt vernichtende Kritik an Jeremy Corbyn und stellt dem "ethnischen Nationalismus" Boris Johnson einen "Bürger-Nationalismus" entgegen, der sich nicht auf biologische Abstammung, Hautfarbe oder Religion, sondern auf gemeinsame Werte stütze.
Lammy kündigte an, er werde über Weihnachten entscheiden, ob er kandidiere.
 
Top