Eine eingehende umfassende Debatte über die geistigen Enkel des Dritten Reiches in unserer Gesellschaft und vor allem auch im Staatsdienst ist schon seit fast einem halben Jahrhundert überfällig. Anlässe gab es dafür wirklich ausreichend, seien es die alltäglichen Schmierereien an den Wänden in den 70er und 80er Jahren, brennende Asylantenheime und Türkenhäuser in den 90ern oder eben umherstreunende und Feindbilder abschlachtende Kleingruppen in den 00ern, wo auch noch so ziemlich jede staatliche Behörde großen Mist gebaut hat. Und jetzt haben wir eben die AFD, ihr Rechtsaußen Höcke ist verbeamteter Gymnasiallehrer und hatte nicht auch Gauland, der manche seiner Mitbürger am liebsten in Anatolien entsorgen würde und der mittlerweile jeden sechsten Wähler in diesem Land anspricht, einen Hintergrund als Staatsbediensteter?
Nur tendiert die Bereitschaft der Gesellschaft, der Medien und der Politik zu dieser Debatte schon immer gegen Null. Ich selbst war jahrzehntelang in Berufsbereichen tätig, in denen Menschen mit muslimischem Migrationshintergrund stark unterrepräsentiert waren. Ich war nicht permanent, aber immer wieder mit merkwürdigen Situationen und Entscheidungen konfrontiert, in denen eine Diskriminierung zumindest vermutet werden könnte. Aber jedesmal, wenn ich das als Betroffener auch nur als Vermutung in den Raum geworfen habe, wurde ich reflexartig von allen Seiten als larmoyanter Nestbeschmutzer beschuldigt, sowohl von solchen, die möglicherweise ganz bewusst diskriminiert haben, als auch von solchen, die sich vielleicht gar nicht so sehr bewusst waren, dass ihnen die Weste nun einmal näher als die Hose war, und sogar von solchen, die tatsächlich selbst nie diskriminiert hätten nach meiner Einschätzung.
Aktionismus zu diesem Thema gibt es immer wieder einmal. So wurde vor 12 Jahren sogar ein Antidiskriminierungsgesetz verabschiedet, das vor allem auch Diskriminierung aufgrund ethnischer Zugehörigkeit eindämmen sollte. Aber wenn man sich die Praxis der Anwendung dieses Gesetzes seitdem ansieht, geht es doch vornehmlich um Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Alter oder wegen irgendwelcher Krankheiten als tatsächlich um die inzwischen auch schon in zahllosen nationalen wie internationalen Studien festgestellte strukturelle Diskriminierung von Menschen mit muslimischem Migrationshintergrund. Es ist derzeit einfach chic, diese Bevölkerungsgruppe zu dissen, und eine große Anzahl von auf die Verfassung vereidigten Beamten macht da keine Ausnahme.