Na, wie läuft es an der Entschleunigungsfront? Gerade läuft in den Dritten die Extra-3-Sendung der letzten Woche mit sehr interessantem Entschleunigungsbezug. Nämlich dem, dass Corona nun genau den gegenteiligen Effekt hätte: dadurch, dass die Wirtschaft so sehr unter Corona gelitten hat, fordern nun alle Unternehmensverbände wie Auto, Plastik, Landwirtschaft usw., dass die vor Corona beschlossenen entschleunigungsaffinen Maßnahmen allesamt ausgesetzt oder zumindest verschoben werden.
Man muss einfach sehen, was die Prioritäten unserer Gesellschaft und Politik seit Jahrzehnten sind. Dann ist es eben auch wenig überraschend, dass Corona in genau dieselbe Richtung wirkt und genutzt wird wie jede andere Veränderung in den letzten Jahrzehnten auch.
Scholz hat gerade das vom Staat übernommene Kurzarbeitergeld um ein Jahr verlängert, was nichts anderes bedeutet, dass Personalkosten der Unternehmen mir öffentlichen Geldern bezahlt werden. Die Arbeitslosenzahlen bleiben so niedrig, obwohl die Leute eigentlich schon arbeitslos sind. Reine Statistikschönerei, wie wir es in den letzten Jahrzehnten mit der Entwicklung im Niegriglohnsektor, mit der HartzIV-Aufstockung oder der Leiharbeit auch schon immer wieder erlebt haben. Früher hieß es, das mitunter absurd hohe Einkommen und Vermögen von Unternehmern sei dadurch gerechtfertigt, dass sie ein gewisses Risiko tragen. Welches Risiko bitteschön, wenn der Staat immer wieder mit Millardensummen aus den öffentlichen Kassen einspringt, wenn Unternehmen, die jahre- und jahrzehntelang riesige Gewinne an eine Handvoll Menschen ausgeteilt haben, ein wenig in Schieflage geraten. Wo bitteschön ist hier das Risiko?
Apropos Schönfärberei, da hat der gute Herr Laschet heute wieder eine schöne Stilblüte rausgehauen: "Wenn Infektionszahlen sinken, müssen Grundrechtsbeschränkungen zurückgenommen werden, wenn sie steigen, müssen Schutzmaßnahmen verstärkt werden." Bei den hervorgehobenen Begriffen handelt es sich eigentlich um ein und dasselbe, nur mit einer negativen Konnotation, wenn Herr Laschet sie gerade zurücknimmt, und einer positiven, wenn er sie gerade einführt. Wer das nicht (ein)sieht, muss doch wirklich dumm sein!
Und solange so ein Werbesprech noch nicht nur hingenommen/geduldet, sondern auch noch honoriert wird, solange wird Entschleunigung oder wahlweise auch zukunftsfähige Politik für die Menschen und damit zum Beispiel auch Gleichberechtigung, Antidiskriminierung, Pazifismus, kurz gesagt ein freiheitlich-demokratischer pluralistischer Rechtsstaat, der auch funktioniert, ein Wunschtraum bleiben, so stolz man auch auf "seinen" Wohlstand sein sollte.