Ach komm, das ist kein Fall für Takt. Ich bin es von dir gewohnt, dass du kenntnisreich argumentierst. Wenn das mal nicht der Fall ist, fällt es auf.
Es ging um die Frage der jesidischen Minderheit in der Türkei, die vowiegend in den kurdischen Provinzen Anatoliens gelebt haben und noch leben.
Und es stellte sich heraus, dass die Jesiden als Ungläubige sowohl von den Türken als auch von den Kurden aus ihren angestammten Dörfern vertrieben wurden. Im 19. Jahrhundert waren es die Kurden im Zuge ihrer Emanzipationsbestrebungen vom osmanischen Reich, im 20. Jahrhundert, nach Atatürks nationaler und säkularer Wende, waren es Türken und Kurden, die an den Jesiden keinen Gefallen fanden, weshalb es ab den 1960er Jahrenzu großen Fluchtbewegungen nach Armenien, Georgien und auch nach Deutschland kam, wo das Wirtschaftswunder gerade stattfand.
Die Frage nach Zahlen ... die einen sagen so , die anderen so. Wie viele Jesiden, die sich als Jesiden und nicht als Türken oder Kurden bezeichnen und eine religiöse Identität im Gegensatz zu ihrer ethnischen oder nationalen Identität in Anschlag bringen, in Deutschland leben, dürfte nicht ganz so einfach zu zählen sein. Der Urenkel eines 1965 nach Deutschland eingewanderten, in der Regel nicht alphabetisierten Jesiden, dürfte heute nur noch ein junger Deutscher mit lang zurückliegendem Migrationshintergrund sein, der inzwischen IT studiert oder, wenn es nicht so gut gelaufen ist, in Papas Geschäft seiner Arbeit nachgeht. Er wird sich womöglich als Deutschtürke verstehen, so wie auch viele Kurden. Das hat etwas mit der Annäherung von Selbst- und Fremdwahrnehmung zu tun. Kein Mensch sagt, geh zum kurdischen oder jesidischen Kiosk, alle Welt sagt, geh zum Türken, der hat noch offen!