nsu: aufarbeitung

Mendelssohn

Well-Known Member
Revision einlegen bedeutet nur, dass der Bundesgerichtshof das Urteil auf abstrakte Normen und mögliche verfahrensrechtliche Fehler prüfen soll.
Da geht es nicht um Inhalte, nur um das Formale. Wenn die Bundesrichter die Revision zulassen und zum Beispiel der Ansicht sind, dass dieser oder jener rechtliche Aspekt nur unzureichend geprüft wurde, können sie das Verfahren - oder nur jenen angenommenen Teilaspekt - zur Neuverhandlung an ein anderes Gericht verweisen. Dann gibt es eine neue Beweisaufnahme und am Ende ein Urteil. Eine Wiederaufnahme ist etwas anderes.
Wiederaufnahme des Verfahrens wäre die Konsequenz einer erfolgreichen Revision. Dann muß ja neu entschieden werden.
 

Bintje

Well-Known Member
Wiederaufnahme des Verfahrens wäre die Konsequenz einer erfolgreichen Revision. Dann muß ja neu entschieden werden.

Nein. Ich weiß, dass es verwirrend ist, aber da gibt es einen deutlichen Unterschied. Ich versuche es mal zu erklären: Die Revision (nicht zu verwechseln mit Berufung) ist die Möglichkeit, Rechtsmittel gegen ein Urteil einzulegen. Dann wird formal geprüft, siehe oben, und die Revision entweder verworfen (wodurch das Urteil rechtskräftig wird) oder das Verfahren bei Erfolg zurückverwiesen an die Instanz, die das ursprüngliche Urteil verhängt hat. Dann muss neu verhandelt werden. In Strafprozessen ist eine andere Kammer bzw ein anderes Gericht dafür zuständig.

Ein Wiederaufnahmeverfahren kann grundsätzlich nur bei bereits abgeschlossenen Verfahren betrieben werden.
Das geht nur unter ganz engen Voraussetzungen: https://dejure.org/gesetze/StPO/359.html
Wenn sich im Nachhinein zum Beispiel herausstellt, dass ein Sachverständigen-Gutachten im Urteil falsch oder sinnentstellt wiedergegeben wurde, wichtige Zeugen falsche Angaben gemacht haben oder neue Tatsachen bekannt werden, wären das Anknüpfungspunkte für eine Wiederaufnahme. Das wird dann m.W. bei der Staatsanwalt beantragt. Mit Revision hat das aber nichts zu tun.
 

Bintje

Well-Known Member
Nur als Hinweis auf eine, wie ich hörte, herausragende Dokumentation, die heute Abend ab 22.30 Uhr bei Phoenix läuft: Wer sind die drei Altverteidiger von Zschäpe? Was trieb sie dazu, das schwierige Mandat für eine Rechtsextremistin zu übernehmen, die sie entpflichten lassen wollte und seit Jahren nicht mehr mit ihnen redet?
"Heer, Stahl und Sturm. Wer Nazis verteidigt" heißt der 75-minütige Film von Eva Müller, der auch in der ARD-Mediathek und (auf dem ARD-Kanal) via Youtube abrufbar ist.


"Heer, Stahl und Sturm" ist eine Geschichte hinter den Kulissen des sogenannten NSU-Prozesses. Es ist auch die Geschichte zur Frage: Wie fair und rechtsstaatlich reagiert ein Staat, eine Gesellschaft, wenn sie auf diese Weise von mutmaßlichen Rechtsterroristen angegriffen wird? Wie erleben das die, die "das Böse" verteidigen? Die sich, wie es ihre Kollegen schon zu Beginn des Prozesses formulierten, "für die falsche Seite entschieden" haben?

Die Filmemacherin Eva Müller hat die drei Anwälte über die gesamte Prozess-Dauer von mehr als fünf Jahren begleitet. Herausgekommen ist eine einzigartige filmische Dokumentation.

https://www.phoenix.de/sendungen/dokumentationen/heer-stahl-und-sturm-a-282707.html

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sommersonne

Well-Known Member
Nur als Hinweis auf eine, wie ich hörte, herausragende Dokumentation, die heute Abend ab 22.30 Uhr bei Phoenix läuft: Wer sind die drei Altverteidiger von Zschäpe? Was trieb sie dazu, das schwierige Mandat für eine Rechtsextremistin zu übernehmen, die sie entpflichten lassen wollte und seit Jahren nicht mehr mit ihnen redet?
"Heer, Stahl und Sturm. Wer Nazis verteidigt" heißt der 75-minütige Film von Eva Müller, der auch in der ARD-Mediathek und (auf dem ARD-Kanal) via Youtube abrufbar ist.




https://www.phoenix.de/sendungen/dokumentationen/heer-stahl-und-sturm-a-282707.html

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Das war interessant! Ich bin sprachlos. Diese Doku hätte man viel früher senden sollen.
 

Bintje

Well-Known Member
Das war interessant! Ich bin sprachlos. Diese Doku hätte man viel früher senden sollen.

Nur ging das nicht früher, weil die Dokumentation erst mit dem Urteil endet. Das war ja erst vor fünf Tagen.

Die Doku ist wirklich sehr, sehr gut. Gerade, weil die Filmemacherin sich so zurücknahm. Anders wäre es ihr vermutlich auch nicht gelungen, so dicht heranzugehen. Vor allem nicht über so einen langen Zeitraum. Man spürt bei fast jeder Antwort förmlich die Anspannung der Anwälte, den Druck, unter dem sie standen, zumal sie aus professionellen Gründen keine Nähe zulassen konnten und wollten. Man sieht es auch am Mienenspiel.

Vieles, was zur Sprache kam bis hin zu Zschäpes abenteuerlichen Winkelzügen, ihre Verteidigerriege gegeneinander auszuspielen, hatte ich zuvor schon verschiedenen Zeitungsberichten entnommen. Aber so kompakt, so verdichtet und präzise erzählt: Hut ab! Wirklich ein ganz außergewöhnlicher Film.
Leider hatte ich oben, ohne das nochmal zu überprüfen, eine gekürzte Version verlinkt. Die letzte Viertelstunde ist glatt abgeschnitten. Hier ist die vollständige Fassung des WDR für alle, die es verpasst haben:


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sommersonne

Well-Known Member
Ja, stimmt endet mit dem Urteil. Aber ich hätte es gut gefunden wenn ich einiges davon früher gewußt hätte. Aber trotzdem gut das es den Bericht überhaupt gibt.
 

Mendelssohn

Well-Known Member
Ich bin mal gespannt, wer sich an die "Aufarbeitung" des NSU macht. Also wer die Schredderspur verfolgt. Wann was geschreddert wurde, wann Zeugen ignoriert, gegebenenfalls beseitigt wurden, und wer wann dafür gesorgt hat, dass es nicht mehr um "Dönermorde", sondern um Nazis geht, die bundesweit, gern in SPD-Hochburgen wie Nürnberg und Dormund, den integrierten Kleinhandel abknallen, um es der Mafia vom Bosporus in die Schuhe zu schieben. Wer hat die Innenminister entsprechend gefüttert und wer hat dafür bezahlt? Wer war für den Sinneswandel zuständig?
 

Bintje

Well-Known Member
Einstweilen nimmt es zumindest in meinen Augen irritierende bis absurde Wendungen, glaubt man Annette Ramelsberger von der Süddeutschen, die gewöhnlich gut informiert ist. Nach André Eminger soll mit Ralf Wohlleben, der zu zehn Jahren verurteilt wurde, der nächste NSU'ler auf freien Fuß kommen. In der Zusammenfassung heißt es:

  • Der frühere NPD-Kader Ralf Wohlleben kommt frei. Wohllebens Anwälte haben noch in der vergangenen Woche die sofortige Freilassung ihres Mandanten beantragt.
  • Es wird davon ausgegangen, dass Wohlleben bereits im August zu seiner Familie in Jena heimkehren kann - und zur rechtsradikalen Szene.
  • Die Wahrscheinlichkeit, dass es weitere Verfahren gegen neun Unterstützer des NSU geben wird, ist durch das Urteil im NSU-Prozess auf ein Minimum geschrumpft.
Im Weiteren schreibt Ramelsberger:

Noch am Tag des Urteils im NSU-Prozess ist der Neonazi und NSU-Helfer André Eminger auf freien Fuß gesetzt worden. Nun kommt auch der nächste rechtsradikale Angeklagte frei: der frühere NPD-Kader Ralf Wohlleben. Wohllebens Anwälte haben noch in der vergangenen Woche die sofortige Freilassung ihres Mandanten beantragt. Dem wird das Gericht nun mit großer Wahrscheinlichkeit entsprechen. Das hat die Süddeutsche Zeitung aus Justizkreisen erfahren.

Es wird damit gerechnet, dass Wohlleben bereits im August zu seiner Familie in Jena heimkehren kann - und zur rechtsradikalen Szene, die ihn als Idol verehrt und ihn all die Jahre mit "Freiheit für Wolle"-Aktionen unterstützt hat. "Wolle" ist der Spitzname von Wohlleben. Er hatte wie die Spinne im Netz die Unterstützung für die rechte Terrorbande NSU organisiert und sich nie von der Szene losgesagt.

http://www.sueddeutsche.de/politik/nsu-prozess-baldige-rueckkehr-nach-jena-1.4057033

Ohne Worte. Die Angehörigen der Mordopfer tun mir unsagbar Leid.
 
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