Ottoman
Well-Known Member
Bei mir rennst Du offene Türen ein...
Woran machst Du nun deren Ausschluß von Bildung fest?
Du bist auch auf die in Deutschland lebenden Türken nicht eingegangen, die mit mehr als 60% für die AKP gestimmt haben; In Österreich gar mehr.
Schließlich hast Du die Grobschlächtigkeit der AKP-Wähler wie folgt begründet:
…
Ja, die AKP-Wählerschaft ist in der Regel etwas grobschlächtiger. Das wärst Du auch, wenn Du 80 Jahre lang von kemalistischen Eliten dominiert und ignoriert worden wärst, von Bildung und Teilhabe weitgehend ausgeschlossen worden wärst.
Natürlich ist die Zerrissenheit des Landes kein neues Phänomen.
In einem Land bei der über 10% der Bevölkerung die Scharia als nationales Recht vorziehen verwundert mich das nicht. Es ist der Graben zwischen Menschen die eine Türkei mit westlichen Werten schätzen und der religiös konservativen Menschen mit meist archaischem Weltbild.
So viel Einheit und Frieden wie in den letzten 15 Jahren gab es noch nie meinst Du.
Man könnte meinen, wir diskuttieren über zwei unterschiedliche Länder. Das Land ist derzeit so sehr in Spannung wie noch nie. Die bürgerkriegsähnliche Zustände und Terrorismus sprechen für sich. Die Pressfreiheit ist eingeschränkt wie noch nie zuvor, die Menschen haben Angst,... Es ist bezeichnend, wenn ein Oberhaupt sich selbst als schwarzer Türkei nennt und regelmäßig von 'Wir' und 'Sie' redet. Er hat auch oft genug beide Gruppen gegeneinander aufgewiegelt.
Zumindest bist Du nun weiter und siehst mittlerweile die Polarisierung ("Ja, die Bevölkerung ist derzeit wieder polarisiert, aber dass sie noch nie zuvor so sehr polarisiert war, dem kann ich nicht zustimmen"). Unlängst hattest Du noch die Ansicht vertreten, die Gräben seien gar zugeschüttet worden:
"Was seitdem passiert ist, ist vor allem, dass nach und nach Gräben zugeschüttet wurden, die mitten durch die Gesellschaft verliefen und achtzig Jahre lang ausgehoben worden waren..."
Ich kann Deine Ansätze, Gedankengänge nachvollziehen, wenn es um Ursachenforschung angeht. Aber ich finde, dass Du zu sehr zurückblickst und ständig den Kemalismus stigmatisierst als nach vorne zu sehen. Das trübt die Sicht auf die sehr beunruhigenden Verhältnisse in der Türkei. Ich bin in Istanbul zur Welt gekommem und bin daher wohl mehr verwurzelt als mir lieb ist.
Die Bevormundung des Volkes trifft sicherlich zu. Das möchte ich nicht leugnen.
Das Militär hat dann interveniert, wenn sie die Republik in Gefahr sah. Das war beispielsweise der Fall als sich Linke und Rechte bekriegt hatten. Das war der Fall als eine Islamisierung der Türkei zu befürchten war.
Von der Bevormundund war meiner Ansicht nach in erster Linie die Schicht der Türken betroffen, die Du grobschlächtig bezeichnet hattest.Das lediglich als Feststellung.
Der Kemalismus hat erst eine Türkei möglich gemacht. Der Nationalismus fungierte dabei als Bindeglied. Ich bin mir sicher, dass es die heutige Türkei nicht gäbe, oder wir zumindest irgendeiner der vielen islamischen Länder wären. Nicht ohne Grund wird der Türkei immer wieder eine positive Ausnahmeerscheinung bescheiningt. Darüber kann man durchaus stolz sein.
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