AW: Mitarbeiterin im Bürgeramt Frankfurt will nur noch in Burka arbeiten
Wenn ich in einem Taucheranzug zur Arbeit gehen würde, der Arbeitgeber mir sagt, ich darf ihn nicht tragen, sonst werde ich entlassen und mir dann sogar noch Bedenkzeit zur Änderung meines Entschlusses einräumt, willst du mir sagen das sei kein faires Verfahren?
Unter dem Gesichtspunkt der betrieblichen Ordnung wäre das ein faires Verfahren, ebenso wie es in dem Zusammenhang im Fall der Burkaträgerin ein faires Verfahren wäre. Das ist daran gemessen, dass dem Arbeitgeber, die hier vorliegenden Interessen des Arbeitgebers vorausgesetzt, keine aktive Möglichkeit zu einem "faireren" Umgang, einer milderen Verfahrensweise mit dem Arbeitnehmer hat.
Die Kritik habe ich geübt, weil ich den Begriff Verfahren und Deine Äußerung als ganze in der Weise verstanden habe, dass Du die Kündigung der Frau als eine unter objektiven, nicht parteigeprägten Gerechtigkeitserwägungen vollständig zufriedenstellende Lösung ansiehst. Sofern ich Dich damit missverstanden habe, geht die Kritik natürlich fehl bzw. ist nur noch gegen entsprechend gerichtete andere Kommentare brauchbar, für die ich Deinen Beitrag exemplarisch hielt.
Insoweit halte ich aber an ihr fest, einfach weil der Unterschied zwischen rechtsstaatlichen und rechtsstaatlich reproduzierbaren Ergebnissen wesentlich ist. Der Fall hat in der Beziehung zugegebenermaßen ein geringes Gewicht, weil es im Zivilrecht ein natürlicher Vorgang ist, dass ein Ergebnis von Aspekten geprägt wird, die nicht im Gesetz stehen, und/oder in nicht weiter nach Gerechtigkeitsaspekten hinterfragten persönlichen Schranken einer Partei zu suchen sind. Auch angesichts dieser Realitätsgeprägtheit würde es mir dennoch Sorgen bereiten, in dem Ausgang, besser gesagt dem Wie des Ausgangs, dieser - zumal arbeitsrechtlichen - Auseinandersetzung nicht meinungsunabhängig ein grundlegendes, meinetwegen nur geringfügiges Gerechtigkeitsdefizit zu erkennen. Darauf nämlich passt der Ausdruck "fair" meines Erachtens nicht. Herausgestellt habe ich das auch nur, weil mir einige Diskutanten, das mögliche Missverständnis zugrunde gelegt auch Du, an dieser Stelle eine bewusste Blindheit zu demonstrieren scheinen, die wohl weniger durch das persönliche Judiz und mehr durch eine anders motivierte Häme begründet ist. Ich mag mich da jeweils irren, aber die Aufgeregtheit, mit der diesem Thema bei jedem Anlass begegnet wird, ist schließlich augenfällig.
Auch das Beispiel des Taucheranzugs kann ich nur wieder so einordnen. Unter dem Vorbehalt des Irrtums möchte ich infrage stellen, dass man solche Vergleiche auch für einen fiktiven Rechtsbeistand der Stadt Frankfurt als geeignete Argumentation betrachten kann. Tatsächlich würde dem doch entgegen gehalten, dass sich eine Frau, die aus religiösen Motiven eine Burka trägt, gegenüber dem Taucher zunächst mal in der grundrechtlich stärker geschützten Position befindet. Ohne die Debatten zu führen, wie religiös motiviert das Burkatragen generell und im Einzelfall ist, ist zu beobachten, dass die Religionsfreiheit für derartige Fälle von Gerichten nicht ganz unreflektiert gelassen wird, anders als für bislang unterrepräsentierte Fälle von Tauchern, Nudisten und was sich sonst so konstruieren lässt.
Dass dem Anliegen der Frau im Ergebnis nicht entsprochen werden muss, ist auch meine Ansicht, für die ich aber abseits einer abstrakten Verhältnismäßigkeitserwägung kein zwingendes Argument finde - im ganzen Thread nicht. Die Meinung, die Stadt müsse die Frau weiter beschäftigen, halte ich für gut vertretbar. Die Stadt hat auch die Möglichkeit, die Frau an einer Stelle ohne Kundenkontakt einzusetzen.